Die Galerie des 20. Jahrhunderts in West-Berlin
Ein Provenienzforschungsprojekt


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Georg Tappert (1880–1957)
Kreolin, 1911

Öl auf Leinwand
150 x 77,5 cm

Standort
Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin

1952 erworben durch das Land Berlin
Ankaufspreis: 800 DM

Weitere Werkdaten

Abweichende Titel
Mulattin / Negerin / Tanzende Negerin

Bezeichnung Vorderseite / Sichtfläche
oben links: Tappert.11.

Inventarnummern
Staatliche Museen zu Berlin: B 58/23
Inventar Land Berlin: 967
Hauptverzeichnis Senat: 58/23

Werkverzeichnis-Nummer
Wietek WV 123

Foto: März, Roman / © VG Bild-Kunst, Bonn 2016
Provenienz
bis 1952 im Besitz des Künstlers Q4 Q7 Q8
1952 bis 1968 Galerie des 20. Jahrhunderts, Berlin, erworben vom Künstler Q1 Q3 Q9
seit 1968 als Dauerleihgabe des Landes Berlin in der Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz
Die Provenienz dieses Gemäldes von Georg Tappert ist knapp darstellbar: 1952 wurde das Werk direkt vom Künstler für die Galerie des 20. Jahrhunderts erworben.Q6 Nicht wenige Anstrengungen waren jedoch seitens des Malers nötig gewesen, um das Bild durch die Jahre der NS-Herrschaft zu bringen und der Nachwelt zu erhalten. 1952 schrieb Tappert an Adolf Jannasch bezüglich des Ankaufs: „Aus den wenigen Bildern der Jahre 1908–1918, die ich vor der Vernichtung retten konnte, wählte ich die ‚Negerin‘ (frühere Bezeichnung ‚Die Mulattin‘) […]. Die ‚Negerin‘ wurde im ganzen Reich von erstrangigen Ausstellungen ausgestellt […], schließlich nahmen die Nazis an diesem und anderen Bildern von mir heftigen Anstoss und enthoben mich meiner seit 1913 innegehabten Professur“.Q6 Jannasch entschied sich also gezielt, für die Galerie ein Werk zu erwerben, an dessen Motiv die Ablehnung als „entartete Kunst“ durch das NS-Regime unvermittelt ablesbar ist.

Nach seinem Studium in Karlsruhe hatte Tappert 1906 bis 1909 die Kunstschule in Worpswede geleitet und war 1913 an die Königliche Kunstschule Berlin gewechselt, wo er 1918 die Novembergruppe mitbegründete und Mitglied des Arbeitsrats für Kunst wurde. Seine linkspolitische Haltung spiegelte sich auch in seiner Mitarbeit an der Wochenschrift für Politik, Kunst und Literatur „Die Aktion“, die eine pazifistische Gesinnung vertrat. Als Professor an der nunmehr Staatlichen Kunstschule blieb er auch während der 1920er-Jahre ein wichtiger Vertreter der Berliner Avantgarde. 1933 zunächst „beurlaubt“, erhielt er 1937 vollständiges Unterrichts- und Ausstellungsverbot durch die Nationalsozialisten. Er malte im Verborgenen weiter und leistete Widerstandsarbeit in der Gruppe um Josef Wirmer, der 1944 hingerichtet wurde. Nach Kriegsende 1945 an die Berliner Hochschule für Bildende Künste berufen, konnte er die bis dahin in einem Kellerverschlag seines Hauses in Berlin versteckten Bilder wieder ans Licht holen. Zu diesen Werken gehörte auch das Gemälde einer schwarzen Sängerin, das bereits vor dem Ersten Weltkrieg etwa auf der Leipziger Jahresausstellung (1911), in der Kölner Sonderbund-Ausstellung (1912) und der Juryfreien Kunstschau Berlin (1912) gezeigt worden war. 1928 hatte es mit anderen Arbeiten die Novembergruppe auf der Großen Berliner Kunstausstellung vertreten.L8

Recherche: HS | Text: CT

Leinwandrückseite oben, Signatur: G. Tappert / 1911
Außenrahmen oben Mitte rechts, Kreide, rot: Nationalgalerie
Außenrahmen unten rechts, Aufkleber: Hermes / No. 641 / Frankfurt a. M.
Außenrahmen unten Mitte, Bleistift: 80 X 130 [?]
Keilrahmen oben links, Beschriftung: Tappert; darunter geschwärzter Schriftzug: [...] Gemäldeatelier Günther W[...] / [...]eibt ver[...]
Keilrahmen oben links, Kreide, blau, eingerahmte und durchgestrichene Nr.: 19
Keilrahmen oben Mitte: diverse Nummernaufkleber übereinander, der oberste mit Nr.: 59.; darunter: 2840; zuunterst: 9[...]5
Keilrahmen oben rechts: Aufkleber der Galerie des 20. Jahrhunderts
Keilrahmen Mittelsteg links: geschwärzter Aufkleber
Keilrahmen Mittelsteg Mitte: Adressaufkleber Prof. Georg Tappert
Keilrahmen Mittelsteg rechts, Aufkleber mit Nr.: 786
Keilrahmen rechts: ellipsenförmiger Zollstempel Wien
Keilrahmen rechts Mitte, Kreide, blau: D 86
Keilrahmen unten Mitte, Kreide, blau, eingerahmte Nr.: 19
Keilrahmen unten links: Aufkleber Berliner Secession mit Nr. 941

Q1 Inventarverzeichnis für Kunstwerke Berlins in der Nationalgalerie B 3000/306 [Inventar der Galerie des 20. Jahrhunderts (West)], 2 Bde., 1949–1982, Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten, Berlin, erworben 1952 [nachinventarisiert 1970]

Q2 Liste der Kunstwerke, die am 6.6.1968 aus dem Depot der Galerie des 20. Jahrhunderts an die Stiftung Preußischer Kulturbesitz übergeben wurden, o. D., Staatliche Museen zu Berlin, Neue Nationalgalerie, Bl. 3 (Depot S)

Q3 Liste Senat – Galerie des 20. Jahrhunderts (Werke lebender Künstler), 1.4.1959, Archiv Berlinische Galerie, DE BG Gal 04-0300-00-001

Q4 Brief Georg Tappert an Adolf Jannasch, 15.9.1952, Landesarchiv Berlin, B Rep. 014-1632

Q5 Lieferschein Spedition Knauer, 16.9.1952, Landesarchiv Berlin, B Rep. 014-1632

Q6 Brief Georg Tappert an Adolf Jannasch, 31.7.1952, Landesarchiv Berlin, B Rep. 014-1632

Q7 „Liste der Gemälde in Tapperts Haus“, o. D., Deutsches Kunstarchiv Nürnberg, NL Tappert, Georg, I,B-53

Q8 Werkfoto mit Rückseitenbeschriftung, Deutsches Kunstarchiv Nürnberg, NL Tappert, Georg, I,B-56i

Q9 Hauptverzeichnis für Kunstwerke B 3000/303, Senator für Volksbildung, Berlin, Referat Bildende Kunst [Inventar 1949–1958], Archiv Berlinische Galerie, DE BG Gal 04-0300-00-001, 58/23, lfd. Nr. 428

Q10 Karteikarte Senat, Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten, Berlin

L1 Die Galerie des 20. Jahrhunderts. Katalog, hrsg. vom Senator für Volksbildung, Berlin 1953, Nr. 76

L2 Die Galerie des 20. Jahrhunderts. Katalog, hrsg. vom Senator für Volksbildung, Berlin 1958, Nr. 171

L3 Die Galerie des 20. Jahrhunderts. Katalog, hrsg. vom Senator für Volksbildung, Berlin 1960, Nr. 190

L4 Die Galerie des 20. Jahrhunderts. Katalog, hrsg. vom Senator für Volksbildung, Berlin 1963, Nr. 221

L5 Verzeichnis der Vereinigten Kunstsammlungen: Nationalgalerie (Preußischer Kulturbesitz) und Galerie des 20. Jahrhunderts (Land Berlin), hrsg. von den Staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz, Berlin 1968, S. 210

L6 1920-1970. Fünfzig Jahre Galerie Nierendorf. Rückblick, Dokumentation, Jubiläumsausstellung, Ausst.-Kat. Galerie Nierendorf, Berlin 1970, Nr. 804

L7 Gerhard Wietek, Georg Tappert. 1880–1957. Ein Wegbereiter der Deutschen Moderne, München 1980, Nr. 123

L8 Große Berliner Kunstausstellung, Ausst.-Kat. Berlin 1928, Nr. 1021, Saal 22