Als Adolf Jannasch 1965 den „großen Metapyhsiker“ aus der Galerie Krugier et Cie in Genf erwarb – einer der wenigen Kunstkäufe für die Galerie des 20. Jahrhunderts aus dem Ausland –, bat er Roswitha Viollet (später verheiratete Haftmann), die Jan Krugier als besonders gut vernetzte Kunsthändlerin 1963 für seine Galerie angeworben hatte, „noch einmal zu bestätigen, dass das Bild aus einwandfreien Sammlungen stammt“.^Q15 Schon bekannt war ihm, dass das Gemälde vormals der „Kollektion Pallini, größte Sammlung der Metaphysik“,^Q6 angehört hatte. Jannasch und Eberhard Roters, der sich aktiv an den Erwerbungsvorbereitungen beteiligte, da der Kauf durch die Deutsche Gesellschaft für Bildende Kunst aus Zuwendungen der Deutschen Klassenlotterie finanziert werden sollte, erfuhren: „Zu Ihrer Frage betreffend Sammlung Pallini: Es ist uns gelungen uns mit Fräulein Pallini, der Tochter des verstorbenen Sammlers Pallini, in Verbindung zu setzen. Fräulein Pallini sagte uns, dass ihr Vater das Bild lange vor dem Zweiten Weltkrieg erworben habe, an das genaue Datum allerdings erinnere sie sich nicht.“^Q17 In einer Fußnote ergänzte Viollet: „Pallini war ein intimer Freund von de Chirico. De Chirico ging in seinem Hause ein und aus.“

Roters fasste schließlich seine Erkenntnisse zur Provenienz des „großen Metaphysikers“, unter Einbeziehung einer aufschlussreichen Expertise des Kunstkritikers Giuseppe Marchiori ^Q19 in einem Abschlussbericht wie folgt zusammen: „Zur Provenienz des Bildes möchte ich noch beifügen, daß das Bild vor dem Krieg der Sammlung Pallini angehörte; nach Herrn Pallinis Tod ging das Bild an die Sammlung Dombrowski, Florenz, über. Vor 10 Jahren hat Franco Russoli, der Direktor der Pinacoteca di Brera, Milano, das Bild noch bei Dombrowski gesehen. Nach dem Tod von Dombrowski ging das Bild in die Kollektion Brunnelli über“.^Q18

Während der Jahre der NS-Herrschaft in Deutschland und des italienischen Faschismus unter Benito Mussolini befand sich das Bild demnach durchgängig in der Sammlung des 1955 verstorbenen Adriano Pallini, seit den 1920er-Jahren Inhaber eines Männermodengeschäfts in Mailand. Als enger Vertrauter Giorgio de Chiricos wird er es direkt aus dem Atelier des Freundes erworben haben. Mit Dombrowski und Marco Brunnelli sind auch die ihm nachfolgenden Besitzer bekannt, die die Provenienzkette bis zum Verkauf durch die Galerie Krugier & Cie 1965 schließen. Sogar der Transport aus der Schweiz nach Berlin ist detailreich belegt: Als Luftfracht wurde das Gemälde aus Genf über die Berliner Galerie Anja Bremer an die Galerie des 20. Jahrhunderts geliefert.^Q14 Für Transport und Zollabfertigung zeichnete die Firma Schenker & Co. Verantwortlich, die das Gemälde über den Berliner Zentralflughafen (Tempelhof) einführte.^Q16

Recherche: HS | Text: HS

Q1 Schreiben Adolf Jannasch an Senator für Volksbildung, 18.6.1959, Ordner 1, 3894/3-31(7)11, Akten der Senatsverwaltung, Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten, Berlin, Kopie in Staatliche Museen zu Berlin, Zentralarchiv

Q2 Inventarverzeichnis für Kunstwerke Berlins in der Nationalgalerie B 3000/306 [Inventar der Galerie des 20. Jahrhunderts (West)], 2 Bde., 1949–1982, Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten, Berlin, Eintrag vom 14.10.1965

Q3 Nachtrag zur Übergabe der Bestände der Galerie des 20. Jahrhunderts an die Stiftung Preußischer Kulturbesitz [Gemälde und Skulpturen], 13.9.1968, Staatliche Museen zu Berlin, Neue Nationalgalerie

Q4 Protokoll der Mitgliederversammlung der Deutschen Gesellschaft für Bildende Kunst, 16.7.1965, Staatliche Museen zu Berlin, Zentralarchiv, II B/Galerie des 20. Jahrhunderts – Land Berlin 5, Bl. 142–145

Q5 Liste Stiftungen Deutsche Klassenlotterie, o. D., Staatliche Museen zu Berlin, Neue Nationalgalerie, Ordner B: Vereinigte Kunstsammlungen

Q6 Eberhard Roters, Adolf Jannasch und Jan Krugier, Zoll- & Transportpapiere, Rechnung, Juni/Juli 1965, Archiv Berlinische Galerie, DE BG Gal 04-0700-04-000

Q7 Erwerbunsbeschluss der Mitgliederversammlung, 16.7.1965, Archiv Berlinische Galerie, DE BG Gal 04-0700-04-004.23

Q8 Ausstellungsliste „Valori Plastici“, April 1921, Staatliche Museen zu Berlin, Zentralarchiv, I/NG 602, Bl. 107

Q9 Empfangsbestätigung von Werner Haftmann an die Deutsche Gesellschaft für Bildende Kunst, Landesarchiv Berlin, B Rep. 014-98 (Akten Deutsche Gesellschaft für Bildende Kunst )

Q10 Brief Edith Bell-Däubler an Paul Erich Küppers, 19.6.1921, Niedersächsisches Hauptstaatsarchiv Hannover, Dep. 100, Nr. 15.

Q11 Einladung zur Mitgliedsversammlung der Deutschen Gesellschaft für Bildende Kunst mit TOP Ankauf de Chirico, Landesarchiv Berlin, B Rep. 014-61

Q12 Brief Laurence Deonna (Galerie Krugier et Cie, Genf) an Schmilinksy (Schatzmeister DGfBK), 9.10.1965, Landesarchiv Berlin, B Rep. 014-79

Q13 Brief Schmilinksy an Galerie Krugier, 4.10.1964, Landesarchiv Berlin, B Rep. 014-79

Q14 Brief Adolf Jannasch an Anja Bremer, 29.9.1965, Landesarchiv Berlin, B Rep. 014-79

Q15 Adolf Jannasch an Roswitha Viollet (Galerie Krugier et Cie, Genf), 10.6.1965, Archiv Berlinische Galerie, DE BG Gal 04-0700-004.4.10

Q16 Abfertigungsvollmacht für Zollamt, 23.9.1965, Landesarchiv Berlin, B Rep. 014-79

Q17 Brief Roswitha Viollet an Roters, 14.9.1965, Landesarchiv Berlin, B Rep. 014-79

Q18 Abschließender Bericht zum Erwerbungsbeschluss der Mitgliederversammlung der Deutschen Gesellschaft für Bildende Kunst , 16.7.1965, Landesarchiv Berlin, B Rep. 014-79

Q19 Gutachten Guiseppe Marchiori, 5.8.1965, Landesarchiv Berlin, B Rep. 014-79

Q20 Liste der Erwerbungen der Deutschen Gesellschaft für Bildende Kunst für öffentliche Kunstinstitutionen des Landes Berlin, o. D., Landesarchiv Berlin, B Rep. 014-79

Q21 Jahresbericht 1965/66 der Deutschen Gesellschaft für Bildende Kunst, Landesarchiv Berlin, B Rep. 014-79

Q22 Verzeichnis der nach Hannover abgeschickten italienischen Bilder, Staatliche Museen zu Berlin, Zentralarchiv, I/Nationalgalerie 602, Bl. 104