Die Galerie des 20. Jahrhunderts in West-Berlin
Ein Provenienzforschungsprojekt


Einführung Kunsthandel A–Z

Graphisches Kabinett Günther Franke, München

Günther Franke begann seine Karriere 1918 als Lehrling bei J. B. Neumann am Berliner Kurfürstendamm und leitete ab 1923, nach Neumanns Emigration in die USA, dessen zwei Jahre zuvor gegründete Filiale in München, während Karl Nierendorf die Berliner Zweigstelle von Neumann übernahm. Ab 1930 waren Franke und Neumann Partner in der Galerie J. B. Neumann und Günther Franke, bis Franke 1932 Neumanns Galerie übernahm, die nun als Graphisches Kabinett Günther Franke KG firmierte.

In der NS-Zeit zeigte Franke offiziell Kunst des 19. Jahrhunderts, handelte jedoch inoffiziell weiterhin auch mit expressionistischer Kunst. Interessierte Käufer, die Franke kannte oder die ihm empfohlen wurden, konnten im Hinterzimmer von den Nationalsozialisten als „entartete Kunst“ diffamierte Werke kaufen. Er unterstützte insbesondere die Künstler Max Beckmann und Ernst Wilhelm Nay finanziell durch Ankäufe für seine eigene Sammlung. Sein Haus in Seeshaupt am Starnberger See, in dem er moderne und verfemte Kunst versteckte und handelte, wurde zu einem Treffpunkt für Freunde der modernen Kunst. Die Galerie in München wurde 1944 zerstört; die Kunstwerke waren zu dieser Zeit bereits in Seeshaupt und Münchner Kellerdepots ausgelagert.

1946 konnte Franke seine Galerie Günther Franke in München neu eröffnen. Kurz vor seinem Tod ließ er dem Freistaat Bayern eine großzügige Stiftung aus seiner Sammlung zukommen (heute in der Pinakothek der Moderne, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München).

Max Beckmanns Gemälde „Unterhaltung“ wurde 1963 von Franke an die Galerie des 20. Jahrhunderts verkauft. Zudem weisen die Gemälde „Meerlandschaft mit Agaven und altem Schloss“ sowie „Herbststillleben“ von Max Beckmann und „Herbstlied“ von Ernst Wilhelm Nay eine Franke-Provenienz auf.

Quellen

Nachlass nach 1945 im Deutschen Kunstarchiv Nürnberg; ein Teil des Bildnachlasses der Kunsthandlung, vor allem von Max Beckmann, heute in den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, München

Nachlass Bayerische Staatsbibliothek, München (Briefe und weitere Dokumente)

Zentralarchiv des internationalen Kunsthandels, Köln: Galerie Günther Franke Papers

Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München, Max Beckmann-Archiv (Briefwechsel Franke, Beckmann, Neumann)

Getty Research Institute, Lagerkatalog (Arntz Library)

Doris Schmidt (Hrsg.), Briefe an Günther Franke, Köln 1970

Vanessa-Maria Voigt, Der Handel mit der Moderne „im Hinterstübchen“. Günther Franke als Kunsthändler des Sammlerpaars Margrit und Bernhard Sprengel, in: Maike Steinkamp und Ute Haug (Hrsg.), Werke und Werte. Über das Handeln und Sammeln von Kunst im Nationalsozialismus, Berlin 2010, S. 127–146

Felix Billeter, Günther Franke, Berlin 2017

Zeitraum / Adresse / Firmierung

  • 1923 Übernahme der Filialleitung: Graphisches Kabinett J. B. Neumann (siehe dort)
  • 1923 bis 1927 Barerstraße 47, München
  • 1927 bis 1930/31 Brienner Straße 10, München
  • 1930 Umbenennung: Galerie J. B. Neumann und Günther Franke
  • 1932 Umbenennung: Graphisches Kabinett Günther Franke KG
  • 1932 bis 1937 Brienner Straße 8 c, München
  • 1937 bis 1944 Palais Almeida, Brienner Straße 51, München
  • 1944 Zerstörung (Bestände zuvor ausgelagert)
  • 1946 Neueröffnung: Galerie Günther Franke
  • 1946 bis 1963 Villa Stuck, Äußere Prinzregentenstraße 4, München
  • 1963 bis 1966 Prinzregentenstraße 50, München
  • 1966 bis 1976 Maximilianstraße 22, München
  • 1961 Gründung: Zweigstelle München
  • 1961 bis 1965 Wittelsbacherplatz 1, München

Personen

  • Günther Franke (1900–1976) Leiter von 1923 bis 1976
  • Gerda Seiderer (Tochter 1938–1965), Leiterin der Zweigstelle von 1961 bis 1965
  • Helga Franke (geb. Ebert, 1907-1958), Mitarbeiterin
  • Erika Huetlin (?-1965) Mitarbeiterin ab 1925

Schwerpunkte

klassische Moderne (Max Beckmann, Emil Nolde), 19. Jahrhundert, Ernst Wilhelm Nay