Die Galerie des 20. Jahrhunderts in West-Berlin
Ein Provenienzforschungsprojekt


Einführung Kunsthandel A–Z

Kunstsalon Cassirer, Berlin

Mit seinem Vetter Bruno eröffnete Paul Cassirer 1898 eine Verlags- und Kunsthandlung in Berlin. Ab 1901 führte er den Kunstsalon allein weiter. In enger Verbindung mit der Berliner Secession, anfangs als deren Sekretär, ab 1912 als Vorstandsmitglied, wandte er sich gegen die offiziellen akademisch-höfischen Ausstellungen und die reaktionäre Kunstpolitik des Kaiserreichs und wurde so zu einem der wichtigsten Vorkämpfer für den französischen und deutschen Impressionismus in Deutschland. Mit seinen Ausstellungen und Publikationen verhalf er der Secession zu nationalem Ansehen. Cassirer vertrat Künstler wie Max Liebermann, Max Slevogt, Lovis Corinth, Claude Monet, Auguste Renoir und Edvard Munch. Auch das Werk von Vincent van Gogh wurde durch Paul Cassirer umfassend gefördert; so zeigte er zwischen 1901 und 1914 zehn Einzelausstellungen des Künstlers.

Als Verleger blieb Cassirer weiterhin tätig, 1908 gründete er den Verlag Pan-Presse und publizierte 1919/20 „Die weißen Blätter“, in beiden Fällen stand die Förderung avantgardistischer Kunst im Vordergrund. Ab 1916 führte er außerdem gemeinsam mit Hugo Helbig Versteigerungen durch.

Nachdem er als Freiwilliger am Ersten Weltkrieg teilgenommen hatte, erlitt er 1917 einen Zusammenbruch und verbrachte einige Zeit im Schweizer Exil. Der Kunstsalon Cassirer in Berlin wurde derweil von Walter Feilchenfeldt und Grete Ring weitergeführt, die beide 1924 Teilhaber des Geschäfts wurden. Nach dem Tod Paul Cassirers 1926 übernahmen Feilchenfeldt und Ring die Leitung und veranstalteten noch bis Anfang der 1930er-Jahre Ausstellungen des Expressionismus, der Neuen Sachlichkeit und des Bauhauses.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten transportierten die beiden Geschäftsführer die Bestände des Kunstsalons bis 1935 in die Zweigstelle in Amsterdam, Greta Ring löste das Geschäft in Berlin 1937 endgültig auf. In London gründete sie Paul Cassirer Ltd.

Die für die Galerie des 20. Jahrhunderts erworbenen Gemälde „Unterhaltung“ von Max Beckmann und „Der Maler Leistikow“ von Lovis Corinth sowie die Skulptur „Die Vision“ von Ernst Barlach weisen eine Cassirer-Provenienz auf.

Quellen

Paul Cassirer-Walter Feilchenfeldt-Archiv, Zürich

Rahel E. Feilchenfeldt und Markus Brandis, Paul Cassirer Verlag Berlin 1898–1933. Eine kommentierte Bibliographie, Berlin 2005

Rahel E. Feilchenfeldt und Thomas Raff, Ein Fest der Künste. Paul Cassirer. Der Kunsthändler als Verleger, München 2006

Bernhard Echte und Walter Feilchenfeldt (Hrsg.), Die Ausstellungen. Kunstsalon Bruno & Paul Cassirer, Wädenswil 2011

Zeitraum / Adresse / Firmierung

  • 1898 Gründung: Bruno & Paul Cassirer, Kunst- und Verlagsanstalt
  • 1898 bis 1934 Viktoriastraße 35, Berlin
  • 1901 Umwandlung: Kunstsalon Paul Cassirer Berlin
  • 1934 bis 1936 Viktoriastraße 32, Berlin
  • 1937 Auflösung durch Grete Ring
  • 1923 Gründung: Zweigstelle Amsterdam
  • ab 1923 Keizergracht 109, Amsterdam/Niederlande
  • 1933 bis 1939 Hauptsitz der Firma Paul Cassirer Berlin
  • 1937 Gründung: Paul Cassirer Limited
  • 1937 bis 1975 London/Großbritannien
  • 1948 Gründung: Kunsthandel Walter Feilchenfeldt, Zürich/Schweiz

Personen

  • Paul Cassirer (1871–1926) Gründer und Leiter von 1898 bis 1926
  • Bruno Cassirer (1872–1941) Gründer und Leiter von 1898 bis 1901
  • Walter Feilchenfeldt (1894–1953) Mitarbeiter ab 1919, Teilhaber ab 1924, Leiter von 1926 bis 1933, Leiter des Kunsthandels in Zürich ab 1948
  • Helmuth Lütjens (1893–1987) Leiter der Amsterdamer Zweigstelle
  • Grete Ring (1887–1952) Teilhaberin ab 1924, Leiterin in London
  • Marianne Feilchenfeldt (1909–2001) Leiterin in London

Schwerpunkte

Impressionismus, Berliner Secession