Die Galerie des 20. Jahrhunderts in West-Berlin
Ein Provenienzforschungsprojekt


zurück

Max Slevogt (1868–1932);
Unbekannter Künstler (–)

Winterlandschaft (Fälschung in der Manier von Max Slevogt), 1915

Öl auf Leinwand
715 x 96 cm

Standort
Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin

1950 erworben durch das Land Berlin
Ankaufspreis: 5.500 DM

Weitere Werkdaten

Bezeichnung Vorderseite / Sichtfläche
unten rechts: Slevogt 15

Inventarnummern
Staatliche Museen zu Berlin: B 41
Weitere Nummern: 8/20

Foto: Kilger, Andres / CC BY-NC-SA
Provenienz
wohl bis 1950 Dr. Hamann, Berlin, erworben im Berliner Kunsthandel Q8
1950 Galerie Schüler, Berlin, wohl erworben von Hamann Q8
1950 bis 1968 Galerie des 20. Jahrhunderts, Berlin, erworben bei der Galerie Schüler Q1 Q6
seit 1968 als Dauerleihgabe des Landes Berlin in der Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz
Bei dieser Winterlandschaft, die lange Jahre in der Galerie des 20. Jahrhunderts als ein Werk Max Slevogts ausgestellt wurde, handelt es sich wohl um eine Fälschung. Kurt Reutti, ehemaliger Mitarbeiter der „Zentralstelle zur Erfassung und Pflege von Kunstwerken“, wusste bereits 1955 davon zu berichten: „Wie mir mein früherer Kollege Herr Gaßner, den ich zufällig in der Galerie des 20. Jahrhunderts vor den Gemälden von Slevogt traf, erzählte, ist in der Nationalgalerie eine Winterlandschaft von Slevogt ausgestellt, die nach Angabe von Herrn Gaßner von dem Arzt Dr. Hamann in Frohnau gekauft worden sein soll. Es ist mir nun bekannt, dass Herr Dr. Hamann vor längerer Zeit eine sogenannte Winterlandschaft von Slevogt besaß, die er für einen geringen Preis im Berliner Kunsthandel gekauft hatte. Dieses Bild war eine Fälschung, die absolut nichts mit Slevogt zu tun hat. Sollte der Slevogt der Nationalgalerie tatsächlich von Dr. Hamann stammen, so ist größte Vorsicht geboten, denn es ist mir nicht bekannt, daß Dr. Hamann eine weitere Winterlandschaft von Slevogt besessen hat. In dem Fall, daß sich das Bild als eine Fälschung herausstellen sollte, möchte ich aber betonen, daß nach meiner Meinung Herrn Dr. Hamann keine Schuld treffen dürfte, da er wohl selbst getäuscht worden ist. Leider habe ich das Bild von Dr. Hamann nie gesehen, wenn aber einmal ein begründeter Verdacht geäußert ist, sieht man sich ein Bild mit kritischeren Augen an. […] Im Interesse von Herrn Prof. Justi möchte ich aber nicht, daß eine solche eventuell blamable Situation publik wird. Ich habe aber eine Bitte: mein Name soll keinesfalls in Erscheinung treten, und ich hoffe auf Ihre Diskretion.“Q8

Die Aussage Reuttis, dass Dr. Hamann die Landschaft „vor längerer Zeit“ besessen habe, scheint darauf hinzudeuten, dass Hamann das Werk bereits in den 1930er- und 1940er-Jahren besaß.

In den 2000er-Jahren hat sich die Nationalgalerie erneut mit verschiedenen Slevogt-Experten, darunter Dr. Sigrun Paas und Dr. Bernhard Geil, zur Authentizität des Bildes beraten. Die einhellige Meinung unter den Wissenschaftlern ist, dass das Gemälde nicht aus der Hand Slevogts stammt. Es ist keine Nennung des Werkes in früher Slevogt-Literatur oder Ausstellungskatalogen bekannt (freundliche Mitteilung von Angelika Wesenberg, Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin, 1.9.2011).

Recherche: CT | Text: CT

Rückseitenabdeckung unten rechts: Aufkleber der Galerie des 20. Jahrhunderts mit Inv.-Nr. 8/20

Q1 Inventarverzeichnis für Kunstwerke Berlins in der Nationalgalerie B 3000/306 [Inventar der Galerie des 20. Jahrhunderts (West)], 2 Bde., 1949–1982, Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten, Berlin, Eintrag vom 24.1.1950

Q2 Liste der Kunstwerke, die am 6.6.1968 aus dem Depot der Galerie des 20. Jahrhunderts an die Stiftung Preußischer Kulturbesitz übergeben wurden, o. D., Staatliche Museen zu Berlin, Neue Nationalgalerie, Bl. 3 (Depot U)

Q3 Liste Platten – Kasten IV, Galerie S–Z, Staatliche Museen zu Berlin, Neue Nationalgalerie, Ordner B: Vereinigte Kunstsammlungen

Q4 Liste Platten – Kasten I, Galerie A–K, 25.7.1957, Archiv Berlinische Galerie, DE BG Gal 02-0204-02-040.1 bis -040.3, Nr. 73

Q5 Protokoll der Ankaufskommission, 20.1.1950, Landesarchiv Berlin, B Rep. 014-1446

Q6 Zahlungsanweisung an die Galerie Schüler, 24.1.1950, Landesarchiv Berlin, B Rep. 014-1446

Q7 Nachweisaufstellung der Zahlungsempfänger 1949 bis 1951, 27.4.1951, Landesarchiv Berlin, B Rep. 014-1446

Q8 Brief Kurt Reutti an Frau Dr. Ruthenberg, 23.2.1955, Staatliche Museen zu Berlin, Zentralarchiv, II/VA 5799

L1 Die Galerie des 20. Jahrhunderts. Katalog, hrsg. vom Senator für Volksbildung, Berlin 1953, Nr. 73

L2 Die Galerie des 20. Jahrhunderts. Katalog, hrsg. vom Senator für Volksbildung, Berlin 1958, Nr. 167

L3 Die Galerie des 20. Jahrhunderts. Katalog, hrsg. vom Senator für Volksbildung, Berlin 1960, Nr.184

L4 Die Galerie des 20. Jahrhunderts. Katalog, hrsg. vom Senator für Volksbildung, Berlin 1963, Nr. 215

L5 Verzeichnis der Vereinigten Kunstsammlungen: Nationalgalerie (Preußischer Kulturbesitz) und Galerie des 20. Jahrhunderts (Land Berlin), hrsg. von den Staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz, Berlin 1968, S. 203