Die Galerie des 20. Jahrhunderts in West-Berlin
Ein Provenienzforschungsprojekt


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Giorgio Morandi (1890–1964)
Stillleben mit Flaschen, 1940

Öl auf Leinwand
47 x 52,8 cm

Standort
Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin

1969 erworben durch das Land Berlin
Ankaufspreis: 200.000 DM

Weitere Werkdaten

Abweichende Titel
Nature morte

Bezeichnung Vorderseite / Sichtfläche
unten Mitte: Morandi 940

Inventarnummern
Staatliche Museen zu Berlin: B 913
Inventar Land Berlin: 913

Werkverzeichnis-Nummer
Vitali WV 265

Foto: © VG Bild-Kunst, Bonn 2016
Provenienz
1940 Rino Valdameri, Rom Q4 (Aufkleber)
Egisto Marconi, Mailand Q4
Emilio Jesi, Mailand Q4 L2 Q8
1969 Galerie Krugier & Cie, Genf Q1
1969 erworben aus Mitteln des Landes Berlin (Deutsche Klassenlotterie) und der Staatlichen Museen zu Berlin von der Galerie Krugier für die Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz Q1
Giorgio Morandis „Stillleben mit Flaschen“, das im Kriegsjahr 1940 entstand, wurde 1969 aus Mitteln des Landes Berlin (Deutsche Klassenlotterie) für die Vereinigten Kunstsammlungen in der Neuen Nationalgalerie erworben.

Ein Aufkleber auf der Rückseite des Gemäldes (Rückseite) weist Rino Valdameri als Vorbesitzer aus, der das Bild 1940 – wahrscheinlich direkt vom Künstler – gekauft hatte. Der in Mailand ansässige Rechtsanwalt Valdameri war sehr kunstaffin: er finanzierte eine wichtige Publikation von Dantes „Göttlicher Komödie“, war in den 1930er-Jahren als Präsident der Accademia di Belle Arti de Brera tätig und hatte Benito Mussolini 1938 die Errichtung eines Gedenkbaus für Dante in Rom („Danteum“) vorgeschlagen. Seine Kunstsammlung enthielt vor allem Werke von Vertretern der „pittura metafisica“, darunter neben Morandi auch Giorgio de Chirico, Carlo Carrà und Piero Marussig. Als die Galleria di Roma Anfang 1942 die Sammlung Valdameris zeigte, waren 28 Werke von Carrà, 24 von Morandi und 54 von de Chirico zu sehen.L3

Egisto Marconi, der Morandis „Stillleben mit Flaschen“ nach Valdameri besaß, war ein berühmter Rahmenbauer in Mailand. Er arbeitete für Künstler wie Filippo De Pisis, Carrà, Mario Sironi, de Chirico, Morandi und andere. Nach dem Krieg stellte seine Werkstatt den Großteil der Rahmen für die Gemäldegalerie (Pinacoteca de Brera) her. Egistos Sohn Giorgio Marconi baute das Geschäft zu einer Kunsthandlung aus und stiftete die Kunstsammlung seines Vaters später der Stadt Mailand (Fondazione Marconi).

Auch Dr. Emilio Jesi, ebenfalls Mailänder, besaß eine umfangreiche Sammlung von Arbeiten Morandis. Werner Haftmann, der den Ankauf des Gemäldes 1969 initiiert hatte, kannte Jesi bereits aus der Zeit, als er die documenta in Kassel mitkuratierte: Auf der documenta 1955 etwa stammten sechs der ausgestellten Morandi-Gemälde aus Jesis Privatbesitz.

Recherche: CT | Text: CT

auf der Leinwand, Mitte: Morandi
auf der Leinwand oben links, Aufkleber Collezione Avv. Rino Valdameri mit Nummer: 142
auf der Leinwand oben rechts, Stempel Galleria Annunciata mit Nummer: 1990
Keilrahmen oben Mitte, Aufkleber Galleria del Milione Mailand mit Nummer: 1326
Keilrahmen unten Mitte, Stempel Galleria del Milione mit Nummer: 1326
Keilrahmen unten links, Stempel Galleria Annunciata mit Nummer: 1990
Keilrahmen links Mitte, Aufkleber und drei Stempel der Galleria Annunciata, Mostra del Pittore: 1990 Giorgio Morandi
weiterhin auf dem Keilrahmen: diverse handschriftliche Bezeichnungen [unter anderem: 8 / 26]; zwei blaue Aufkleber mit Nummer: 4589; diverse Aufkleberspuren

Rückseite Aufkleber Valdameri
Foto: Kilger, Andres
Rückseite Stempel Galleria Dell Annunciata
Foto: Kilger, Andres
Rückseite
Foto: Kilger, Andres
Rückseite Aufkleber
Foto: Kilger, Andres

Q1 Inventarverzeichnis für Kunstwerke Berlins in der Nationalgalerie B 3000/306 [Inventar der Galerie des 20. Jahrhunderts (West)], 2 Bde., 1949–1982, Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten, Berlin, erworben 1969

Q2 Notiz über „noch zu dem Inventar der Galerie des 20. Jahrhunderts zu inventarisierenden Kunstwerke“, 26.11.1969, Ordner 1, 3894/3-31(7)11, Akten der Senatsverwaltung, Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten, Berlin

Q3 Protokoll der Ankaufskommission, 6.11.1968, Bildakte Staatliche Museen zu Berlin, Neue Nationalgalerie, Ordner B: Beratende Ankaufskommission, Protokolle, Lotto

Q4 Korrespondenz zwischen der Villa Grisebach und diversen Galerien in Italien, 1968; Korrespondenz zwischen Werner Haftmann und der Galerie Krugier sowie zwischen Werner Haftmann und der Senatsabteilung für Wissenschaft und Kunst [Ankaufsgutachten, Transportpapiere, Ansichtsrechnung, 1968/69], Bildakte Staatliche Museen zu Berlin, Neue Nationalgalerie

Q5 Brief Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin Preußischer Kulturbesitz an die Deutsche Gesellschaft für Bildende Kunst, 1.4.1969 [über Zahlungsmodalitäten], Landesarchiv Berlin, B Rep. 014-98 [Akten Deutsche Gesellschaft für Bildende Kunst]

Q6 Auszahlungsanordnung der Staatlichen Museen zu Berlin, 28.4.1969, Landesarchiv Berlin, B Rep. 014-79

Q7 Rechnung Galerie Krugier et Cie, Genf, 22.1.1969, Landesarchiv Berlin, B Rep. 014-79 [handschriftliche Notiz: „vom Land Berlin wurden getragen 180.000,- / Rest (Anteil Staatliche Museen zu Berlin) 20.000,-“]

Q8 Angebot der Galerie Krugier, 29.10.1968, Korrespondenz mit Werner Haftmann ab Dezember 1967, Staatliche Museen zu Berlin, Zentralarchiv, II/VA 6793

Q9 Auszahlungsanordnung der Staatlichen Museen zu Berlin, 28.4.1969, Landesarchiv Berlin, B Rep. 014-79 [„Ankauf für die Nationalgalerie“]

L1 Nationalgalerie Berlin. 10 Jahre im neuen Haus, Ausst.-Kat. Wissenschaftszentrum Bonn-Bad Godesberg, Berlin 1978, S. 22 f.

L2 Lamberto Vitali, Giorgio Morandi. Catalogo generale, Mailand 1977 (1983), Nr. 265

L3 Mostra della galleria di Roma con opere della Collezione dell’avv. R. Valdameri, Ausst.-Kat., Mailand 1942