Gustav Wunderwald (1882–1945)
Johannastraße in Spandau, 1927/28
Öl auf Leinwand
60 x 85,5 cm
Standort
Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin
1950 erworben durch das Land Berlin
Ankaufspreis: 200 DM
Abweichende Titel
Johanna-Straße (Spandau) / Straße in Spandau; Spandau
Bezeichnung Vorderseite / Sichtfläche
unten links: G. Wunderwald
Inventarnummern
Inventar Land Berlin: 980
Hauptverzeichnis Senat: 57/29
1945 bis 1952 Berta Wunderwald, Berlin Q7
1952 bis 1968 Galerie des 20. Jahrhunderts, Berlin, erworben von Berta Wunderwald Q1 Q8
seit 1968 als Dauerleihgabe des Landes Berlin in der Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz
Vermutlich war unter anderem der Berlin-dokumentarische Aspekt ausschlaggebend für Adolf Jannasch, eine größere Anzahl an Gemälden von Wunderwald für die Galerie des 20. Jahrhunderts zu sichern. Im Inventar der Galerie sind fünf Werke eingetragen, doch scheint es noch weitere Ankäufe aus anderen Kunstetats des Senats gegeben zu haben. Darauf lässt ein (wenngleich recht polemisch formulierter) Zeitschriftenartikel von 1962 schließen: „[…] ärgerlicher ist, daß die Stadt auch von den nach 1945 angekauften zehn Wunderwald-Gemälden nur den Verbleib von fünf Werken noch feststellen kann: fünf sind spurlos im Getriebe der Senatsdienststellen verloren gegangen und ließen sich nicht mehr finden, als sie jüngst in der Wunderwald-Gesamtschau präsentiert werden sollten. Ein anderes kam auch nur verspätet und beschädigt zu Tage: es hatte unbemerkt und unbeobachtet in der Botenmeisterei einer Senatsverwaltung gehangen, und keine Verwaltungsstelle hatte darüber einen Aktenvermerk.“Q9
Die Ursache des hier beschriebenen Dilemmas, dass nämlich die Wunderwald-Werke beim Senat aus Bereichen unterschiedlicher Verwendung und Finanzierung des Kunstamts stammten, zeichnet sich auch an „Johannastraße in Spandau“ ab: Dieses Bild wurde 1952 vom Land Berlin erworben und zunächst in das Hauptverzeichnis der Kunstbestände des Senats eingetragen, bevor man es 1970 bei der Galerie des 20. Jahrhunderts nachinventarisierte. Bereits 1928 und 1932 auf der Juryfreien Kunstschau sowie 1950 in der Ausstellung „Berlin im Bild. Gustav Wunderwald“ gezeigt, wurde das Gemälde – das Wunderwalds neuen Ruf als „Berliner Utrillo“Q6 optimal visualisierte – 1962 abermals für eine Retrospektive im Haus am Lützowplatz zur Verfügung gestellt. Im zugehörigen Katalog L3 ist es als Leihgabe des Senators für Volksbildung erfasst (nicht der Galerie des 20. Jahrhunderts).
Für den direkten Ankauf des Gemäldes aus dem Besitz von Berta Wunderwald, der Witwe des Künstlers, gibt es neben dem Inventareintrag Q1 weitere Belege im Schriftnachlass Wunderwalds. Eine Werkfotografie beispielsweise wurde rückseitig von Berta Wunderwald eigenhändig beschriftet mit dem Vermerk „Besitz: Senat Charlottenburg 19 Kunstamt“, und eine Verkaufsliste mit Bildern aus ihrem Besitz führt das Gemälde mit dem Verkaufsdatum 18. Dezember 1952 auf.Q7
Gustav Wunderwald hatte am 16. Dezember 1941 in zweiter Ehe Berta Wunderwald (geb. 1900 als Berta Ludwig) geheiratet. Von Berlin-Charlottenburg aus betreute sie nach dem Tod des Künstlers 1945 bis in die 1970er-Jahre den künstlerischen Nachlass, der sich noch heute in Privatbesitz befindet. 1962 erlangte Berta Wunderwald mit einer Ausstellung im Haus am Lützowplatz, auf der 60 zu großen Teilen aus dem Nachlass stammende Ölbilder gezeigt wurden, eine breitere öffentliche Wahrnehmung des Werks ihres verstorbenen Mannes.
Recherche: HS | Text: CT
Leinwandrückseite Mitte rechts, Bleistift: G. Wunderwald
Leinwandrückseite Mitte, Kreide, weiß: 638
Keilrahmen unten links, Bleistift: Johannastrasse
Keilrahmen unten rechts, Bleistift: Gustav Wunderwald
Keilrahmen unten Mitte: Aufkleber der Galerie des 20. Jahrhunderts
Q1 Inventarverzeichnis für Kunstwerke Berlins in der Nationalgalerie B 3000/306 [Inventar der Galerie des 20. Jahrhunderts (West)], 2 Bde., 1949–1982, Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten, Berlin, nachinventarisiert 1970 [Ankauf 1952]
Q2 Liste der Kunstwerke, die am 6.6.1968 aus dem Depot der Galerie des 20. Jahrhunderts an die Stiftung Preußischer Kulturbesitz übergeben wurden, o. D., Staatliche Museen zu Berlin, Neue Nationalgalerie, Bl. 3 (Depot N)
Q3 Zahlungsanweisung an Berta Wunderwald, 21.6.1950, Landesarchiv Berlin, B Rep. 014-1446
Q4 Foto LKB A 3098/1962, Landesdenkmalamt Berlin, Marburger Index [hier Vermerk „unbekannter Besitz“]
Q5 Camilla Blechen, Wunderwald im Grunewald. Der Maler der Neuen Sachlichkeit in der Galerie Bassenge, in: FAZ, 6.1.1972, Staatliche Museen zu Berlin, Zentralarchiv, V/Sammlung Künstler: Wunderwald, Gustav
Q6 E. B. K., Doch nicht vergessen. Die Wunderwaldstraße in Spandau erinnert an einen „Berliner Utrillo“, in: Spandauer Volksblatt, 13.8.1966, Staatliche Museen zu Berlin, Zentralarchiv, V/Sammlung Künstler: Wunderwald, Gustav
Q7 Werkfotografie und Verkaufsliste, NL Berta Wunderwald, Privatbesitz [hier Verkaufsdatum 18.12.1952 verzeichnet]
Q8 Hauptverzeichnis für Kunstwerke B 3000/303, Senator für Volksbildung, Berlin, Referat Bildende Kunst [Inventar 1949–1958], Archiv Berlinische Galerie, DE BG Gal 04-0300-00-001, 57/29, lfd. Nr. 416
Q9 Gustav Wunderwalds Gemälde „An der Stadtbahn Schöneberg“, Zeitschriftenartikel, ohne Quellenangabe und o. D. [1962], eingeklebt in hintere Umschlagklappe: Gustav Wunderwald. 1882–1945. Gemälde, Ausst.-Kat. Haus am Lützowplatz, Bezirksamt Tiergarten, Berlin 1962, Staatsbibliothek zu Berlin, 474 381
Q10 Karteikarte Senat, Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten, Berlin
L1 Die Galerie des 20. Jahrhunderts. Katalog, hrsg. vom Senator für Volksbildung, Berlin 1963, Nr. 248
L2 Verzeichnis der Vereinigten Kunstsammlungen: Nationalgalerie (Preußischer Kulturbesitz) und Galerie des 20. Jahrhunderts (Land Berlin), hrsg. von den Staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz, Berlin 1968, S. 227
L3 Gustav Wunderwald. 1882–1945. Gemälde, Ausst.-Kat. Haus am Lützowplatz, Bezirksamt Tiergarten, Berlin 1962, Nr. 41
L4 Hildegard Reinhardt, Gustav Wunderwald (1882–1945). Untersuchungen zum bildkünstlerischen Gesamtwerk, Hildesheim u. a. 1988, Nr. 133