Die Galerie des 20. Jahrhunderts in West-Berlin
Ein Provenienzforschungsprojekt


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Leo von König (1871–1944)
Frau in gelbem Pelz, 1925

Öl auf Leinwand
75 x 61,3 cm

Standort
Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin

1963 erworben durch das Land Berlin
Ankaufspreis: 9.500 DM

Weitere Werkdaten

Abweichende Titel
Dame in fahlgelbem Pelz; Dame in hellgelbem Pelz

Bezeichnung Vorderseite / Sichtfläche
unten rechts: L v König. 25

Inventarnummern
Staatliche Museen zu Berlin: B 601
Inventar Land Berlin: 601
Weitere Nummern: 47/601

Werkverzeichnis-Nummer
Bechter WV 1925/01

Foto: Anders, Jörg P. / CC BY-NC-SA
Provenienz
1925 bis 1944 im Besitz des Künstlers L3 Q4
1944 bis 1963 Anna von König, per Erbschaft Q8
1963 Galerie Wolfgang Gurlitt, München, Verkauf im Auftrag der Familie König Q8 Q9
1963 bis 1968 Galerie des 20. Jahrhunderts, Berlin, erworben bei der Galerie Wolfgang Gurlitt Q1
seit 1968 als Dauerleihgabe des Landes Berlin in der Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz
Der aus einer Adelsfamilie stammende Maler Leo Freiherr von König zog, nachdem er Mitte der 1890er-Jahre in Paris gelebt hatte, im Jahr 1900 nach Berlin, wo er als Mitglied der Secession aktiv wurde. Er gehörte – wie auch die Sezessionisten Max Liebermann, Lovis Corinth und Max Slevogt – zu jenen Künstlern an der Schwelle des 19. zum 20. Jahrhundert, die Adolf Jannasch (den Ansätzen seines Mentors Ludwig Justi folgend) als Vorboten der Moderne erachtete.

Von Königs Position in der NS-Zeit war ambivalent: Zwar arrangierte er sich mit dem Regime und seinen Machthabern, doch blieb sein Werk nicht unangefochten. Unter den zahlreichen Personen, die er porträtierte, finden sich neben Gerhart Hauptmann, Ernst Barlach, Emil Nolde, Käthe Kollwitz und Eugen d’Albert auch Reichsminister Bernhard Rust sowie Joseph Goebbels und dessen Töchter Helga und Hilde. Der Bildhauer Arno Breker fertigte 1936 ein Bronzeporträt seines Freundes von König. Adolf Hitler jedoch lehnte von Königs Kunst ab und ließ seine Gemälde 1937 auf der „Großen Deutschen Kunstausstellung“ in München abhängen. Nicht wenige seiner Werke wurden im Zuge der Aktion „Entartete Kunst“ aus Museen entfernt – die Nationalgalerie beispielsweise verlor so das Gemälde „Der barmherzige Samariter“ aus ihrer Sammlung.

Das Ölgemälde dieser „Frau in gelbem Pelz“, bei der es sich um Anna, die Ehefrau des Künstlers, handelt, kam 1963 durch Vermittlung des Kunsthändlers Wolfgang Gurlitt in die Sammlung der Galerie des 20. Jahrhunderts. Der Name Gurlitts – ein in der NS-Zeit im Auftrag „Führermuseum Linz“ sowie als Händler „entarteter“ und „arisierter“ Kunst tätiger Galerist – wäre Anlass zur Sorge um die Provenienz, wenn nicht die Ankaufsakten deutlich belegen würden, dass Gurlitt das Werk im Auftrag der Witwe Leo von Königs direkt aus Familienbesitz an die Galerie vermittelte.Q5 Q6

Nach einem ersten Kontakt im Januar Q9 hatte Gurlitt – korrespondierend aus der Galeriestraße 2 B in München – im Mai 1963 drei Porträts zur Ansicht an Jannasch übersenden lassen: „Soeben habe ich mit Frau von König, der Witwe Leo von Königs, gesprochen und veranlaßt, daß Ihnen die drei Bilder – Bildnisse der Frau von Königs – von denen sie u. U. eines für einen Ankauf für Ihre Galerie auswählen wollen, zugesandt werden, die im Augenblick noch in der Gemäldegalerie, Meisterstr., im Depot stehen.“Q8 Offenbar drängte Frau von König mit Ungeduld zum Verkauf, sodass Gurlitt auf eine Verzögerung im Erwerbsverfahren hin mit Nachdruck und leichter Indiskretion an Adolf Jannasch schrieb: „Ich bedaure sehr, daß eine Verschiebung [des Ankaufsentscheids] notwendig ist, umso mehr, als die Besitzer der Bilder nicht so viel Ruhe zum Warten haben, wie es bei mir der Fall ist. Ich bin selbstverständlich mit allem einverstanden, was Sie unternehmen und wenn mich die Familie von König in Frieden läßt, sollen Sie auch nicht bedrängt werden.“Q6

Dass „Frau in gelbem Pelz“ sich 1931 noch im Besitz des Künstlers befand, belegen die Ausstellungsakten einer Retrospektive Leo von Königs in der Nationalgalerie, die den Maler als Leihgeber dieses Werks identifizieren.Q4 L3 Es ist anzunehmen, dass das Bild über den Tod des Künstlers 1944 hinaus bis zur Veräußerung durch seine Witwe 1963 durchgängig in Familienbesitz blieb, zumal es sich um ein Porträt von ihr selbst handelte.

Recherche: HS | Text: CT

Außenrahmen oben links: Leo von König. / Frau in gelbem Pelz / Preis: 3500,- Mark; darüber runder Aufkleber mit Beschriftung in Rot: Nat.Gal.
Außenrahmen oben links: Aufkleber der Galerie des 20. Jahrhunderts
Außenrahmen oben rechts: Aufkleber der Galerie des 20. Jahrhunderts
Außenrahmen oben rechts, Aufkleber mit Nummer: 100
Außenrahmen unten Mitte: Aufkleber mit falschem Bildtitel [irrtümlich aufgeklebt]
Außenrahmen und Keilrahmen oben Mitte, teils abgerissener Aufkleber mit Textfragment: […]lung 1929
Keilrahmen links Mitte, Kreide, blau: 628/55
Keilrahmen unten links: Aufkleber der Staatlichen Museen zu Berlin

Q1 Inventarverzeichnis für Kunstwerke Berlins in der Nationalgalerie B 3000/306 [Inventar der Galerie des 20. Jahrhunderts (West)], 2 Bde., 1949–1982, Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten, Berlin, Eintrag vom 23.9.1963

Q2 Liste der Kunstwerke, die am 6.6.1968 aus dem Depot der Galerie des 20. Jahrhunderts an die Stiftung Preußischer Kulturbesitz übergeben wurden, o. D., Staatliche Museen zu Berlin, Neue Nationalgalerie, Bl. 4 (Depot U)

Q3 Protokoll der Ankaufskommission, 10.9.1963, Staatliche Museen zu Berlin, Zentralarchiv, II/VA 6754, Bl. 381

Q4 Verzeichnis der von dem Maler Leo von König eingegangenen Gemälde, 1931, Staatliche Museen zu Berlin, Zentralarchiv, I/NG 733, Bl. 14

Q5 Bestellzettel Galerie Wolfgang Gurlitt, 23.9.1963, Bildakte Staatliche Museen zu Berlin, Alte Nationalgalerie

Q6 Brief Wolfgang Gurlitt an Adolf Jannasch, 7.8.1963, Bildakte Staatliche Museen zu Berlin, Alte Nationalgalerie

Q7 Frachtbrief Allgemeine Transport-Gesellschaft, Transport Galerie Gurlitt an Adolf Jannasch, 19.6.1963, Bildakte Staatliche Museen zu Berlin, Alte Nationalgalerie

Q8 Brief Wolfgang Gurlitt an Adolf Jannasch, 27.5.1963, Bildakte Staatliche Museen zu Berlin, Alte Nationalgalerie

Q9 Brief Wolfgang Gurlitt an Adolf Jannasch, 21.1.1963, Staatliche Museen zu Berlin, Zentralarchiv, II B/Galerie des 20. Jahrhunderts – Land Berlin 9, Bl. 14

L1 Verzeichnis der Vereinigten Kunstsammlungen: Nationalgalerie (Preußischer Kulturbesitz) und Galerie des 20. Jahrhunderts (Land Berlin), hrsg. von den Staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz, Berlin 1968, S. 112

L2 Alexandra Bechter, Leo von König 1871–1944. Leben und Werk, Darmstadt 2001, Nr. 1925/01

L3 Leo von König, Ausst.-Kat. Nationalgalerie Berlin 1931, Nr. 19 („Privatbesitz Berlin“)