Die Galerie des 20. Jahrhunderts in West-Berlin
Ein Provenienzforschungsprojekt


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Ernst Ludwig Kirchner (1880–1938)
Badende am Strand (Fehmarn), 1913

Öl auf Leinwand
76 x 100 cm

Standort
Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin

1955 erworben durch das Land Berlin
Ankaufspreis: 10.000 DM

Weitere Werkdaten

Abweichende Titel
Uferlandschaft; Badende (Fehmarn)

Bezeichnung Vorderseite / Sichtfläche
unbezeichnet

Inventarnummern
Staatliche Museen zu Berlin: B 133
Inventar Land Berlin: 133
Weitere Nummern: 20/17

Werkverzeichnis-Nummer
Gordon WV 350

Foto: Sachsse, Rolf / CC BY-NC-SA
Provenienz
bis 15.6.1938 im Besitz des Künstlers
15.6.1938 bis 1955 Nachlass Ernst Ludwig Kirchner
1955 Galerie Beyeler, Basel
1955 Anna Maria Bänninger, Berlin-Charlottenburg, wohl Vermittlerin des Ankaufs Q1 Q4 Q6 Q8
1955 bis 1968 Galerie des 20. Jahrhunderts, Berlin, erworben wohl durch Vermittlung von Anna Maria Bänninger Q1
seit 1968 als Dauerleihgabe des Landes Berlin in der Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz
Adolf Jannaschs Verhandlungspartnerin, als er Ernst Ludwig Kirchners „Badende am Strand“ 1955 erwarb, war Anna Maria Bänninger. Sie wurde mit ihrer Adresse in Berlin-Charlottenburg als Vorbesitzerin im Inventarbuch registriert.Q1 Q4 Q6 Q8 Ihr biografischer Kontext lässt jedoch vermuten, dass sie eher als Ankaufsvermittlerin agierte, da sie offenbar einerseits in der Berliner Kunstszene bestens vernetzt war, andererseits als Schweizerin ebenso gute Beziehungen in ihr Heimatland pflegte.Q9 Nicht nur vermittelte sie Jannasch die „Badenden am Strand“ aus der Schweiz,Q7 sondern desgleichen zwei der insgesamt drei Gemälde Karl Hofers, die sie zwischen 1958 und 1962 an die Galerie des 20. Jahrhunderts veräußerte.

Welcher Art Bänningers Verbindung zur Galerie Beyeler in Basel war, ist nicht überliefert. Dort hatten die „Badenden am Strand“ aus dem Nachlass Ernst Ludwig Kirchners kurz zuvor zum Verkauf gestanden (freundliche Mitteilung von Wolfgang Henze, 6.7.2011). Den Nachlass hatte nach Kirchners Freitod am 15. Juni 1938 zunächst sein jüngerer Bruder Walter Kirchner (1882–1954) betreut. Später waren die Kunstwerke auf Drängen der Alliierten als sogenanntes Feindvermögen unter Sequester gestellt worden. Während dieser Zeit nahm sich Georg Schmidt, der Leiter des Kunstmuseums Basel, des Nachlasses an, verwahrte ihn von 1946 bis 1954 in seinem Museum und ließ die Werke verzeichnen. Dass „Badende am Strand“ zu diesem in Basel zwischengelagerten Konvolut gehörte, bestätigt der entsprechende, dort im Zuge der Nachlassverzeichnung aufgebrachte Stempel auf der Leinwandrückseite. Erst 1955 wurden etwa 340 Kirchner-Gemälde und 9.000 seiner Handzeichnungen zur Ausfuhr nach Westdeutschland freigegeben. Danach übernahm der Galerist Roman Norbert Ketterer die Nachlassverwaltung.

Kirchner hatte 1918 einen Versuch unternommen, die „Badenden am Strand“ zu verkaufen. In jenem Jahr schickte er es seinem Frankfurter Mäzen und väterlichen Freund Carl Hagemann zur Ansicht, der sich jedoch nicht zum Erwerb entschließen konnte und es dem Künstler zurücksandte.Q3

Recherche: HS | Text: HS

Leinwand oben Mitte, Nachlassstempel mit handschriftlichem Eintrag: Be/Bf 14
Leinwand oben rechts, Zollstempel: I-54
Leinwand unten rechts, Signatur: E.L.Kirchner
Leinwand unten links, eigenhändig: E.L. Kirchner / Badende am Strande
Keilrahmen oben links: abgerissenes Etikett
Keilrahmen oben links, Aufkleber der Galerie des 20. Jahrhunderts mit Inv.-Nr. 20/17
Keilrahmen oben Mitte links, Bleistift: No. 9994
Keilrahmen oben rechts, Nummer: 304
Keilrahmen rechts oben, Zollstempel: I-54
Keilrahmen unten links, rot: 847
Keilrahmen links oben, blau: 24

Q1 Inventarverzeichnis für Kunstwerke Berlins in der Nationalgalerie B 3000/306 [Inventar der Galerie des 20. Jahrhunderts (West)], 2 Bde., 1949–1982, Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten, Berlin, Eintrag vom 12.10.1955

Q2 Protokoll der Übergabe der Bestände der Galerie des 20. Jahrhunderts an die Stiftung Preußischer Kulturbesitz [Gemälde und Skulpturen aus den Verwaltungs- und Ausstellungsräumen der Galerie], 5.6.1968, Staatliche Museen zu Berlin, Neue Nationalgalerie

Q3 Brief Carl Hagemann an Erna Kirchner, 25.1.1918, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München, Max Beckmann-Archiv, publiziert in: Hans Delfs (Hrsg.), Ernst Ludwig Kirchner. Der gesamte Briefwechsel, Bd. 1: Briefe von 1901 bis 1923, Zürich 2010, Nr. 512

Q4 Brief Anna Maria Bänninger an Adolf Jannasch, 15.11.1955, Archiv Berlinische Galerie, DE BG Gal 04-0200-02-068

Q5 Protokoll der Ankaufskommission, 12.10.1955, Archiv Berlinische Galerie, DE BG Gal 04-0200-02-074.2 f., und Landesarchiv Berlin, B Rep. 002-11248

Q6 Lieferschein der Spedition Haberling, 11.11.1955, Archiv Berlinische Galerie, DE BG Gal 04-0200-04-125

Q7 Korrespondenz zwischen Adolf Jannasch und Donald E. Gordon, Juni–September 1964, Archiv Berlinische Galerie, DE BG Gal 03-0303-01-006.1 bis -006.3.2, hier bes. -006.2.2: Fragebogen zum Werkverzeichnis Ernst Ludwig Kirchner

Q8 Ankaufsbestätigung Anna Maria Bänninger/Adolf Jannasch, 8.11.1955, Archiv Berlinische Galerie, DE BG Gal 03-0100-02-046

Q9 Brief Anja Bremer an Werner Heldt, 11.8.1954, Deutsches Kunstarchiv Nürnberg, NL Heldt, Werner

L1 Die Galerie des 20. Jahrhunderts. Katalog, hrsg. vom Senator für Volksbildung, Berlin 1958, Nr. 97

L2 Die Galerie des 20. Jahrhunderts. Katalog, hrsg. vom Senator für Volksbildung, Berlin 1960, Nr. 103

L3 Die Galerie des 20. Jahrhunderts. Katalog, hrsg. vom Senator für Volksbildung, Berlin 1963, Nr. 122

L4 Verzeichnis der Vereinigten Kunstsammlungen: Nationalgalerie (Preußischer Kulturbesitz) und Galerie des 20. Jahrhunderts (Land Berlin), hrsg. von den Staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz, Berlin 1968, S. 107

L5 Donald E. Gordon, Ernst Ludwig Kirchner. Mit einem kritischen Katalog sämtlicher Gemälde, München 1968, Nr. 350