Die Galerie des 20. Jahrhunderts in West-Berlin
Ein Provenienzforschungsprojekt


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Max Pechstein (1881–1955)
Vertreibung aus dem Paradies, 1917

Leimfarbe auf Papier (braun) auf Sperrholz
207 x 402 cm; 3 Teile je 207 x 130 cm

Standort
Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin

1951 erworben durch das Land Berlin
Ankaufspreis: 3.000 DM

Weitere Werkdaten

Bezeichnung Vorderseite / Sichtfläche
unten rechts: HMP [Monogramm] 1917

Inventarnummern

Foto: März, Roman / © Pechstein Hamburg/Trökendorf / VG Bild-Kunst, Bonn 2016
Provenienz
wohl bis 1951 im Besitz des Künstlers
1951 bis 1968 Galerie des 20. Jahrhunderts, Berlin, erworben von Konrad Max Pechstein, dem Sohn des Künstlers, wohl im Auftrag von Max Pechstein Q1 Q5
seit 1968 als Dauerleihgabe des Landes Berlin in der Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz
Bei der großformatigen „Vertreibung aus dem Paradies“ handelt es sich um einen Karton – die Vorstudie zu einem von zwei Mosaiken, die Max Pechstein für das Privathaus des Kunsthändlers Wolfgang Gurlitt in der Potsdamer Straße in Berlin entworfen hatte. Das Gegenstück bildete die „Anbetung der Könige“. Beide Mosaiken, die im Zweiten Weltkrieg zerstört wurden, ließ Gurlitt von den Vereinigten Werkstätten für Mosaik und Glasmalerei Puhl &Wagner mit Stammsitz in Berlin-Neukölln ausführen.

Wolfgang Gurlitt gehörte von 1912 bis zum Beginn der 1920er-Jahre zu den wichtigsten Förderern Max Pechsteins. Im Rahmen einer Umgestaltung seiner Galerieräume beauftragte er den Künstler mit mehreren Glasfenster-Entwürfen. Zugleich finanzierte er Pechsteins Südseereise mit einem Vorschuss von 10.000 Mark. Im Gegenzug hatte ihm Pechstein vor seiner Abfahrt im April 1914 fast sein komplettes künstlerisches Werk als Kommissionsware anvertraut und ihm die alleinigen Ausstellungs- und Abbildungsrechte daran übertragen. Ein weiteres großes Konvolut übergab er dem Händler nach seiner Rückkehr aus dem Kriegsdienst. So verwahrte Gurlitt im Sommer 1917 für Pechstein insgesamt 231 Gemälde, über 500 Aquarelle und Zeichnungen sowie mehr als 1.000 druckgraphische Werke.L7 Q7 In diese Zeit der ertragreichen und vertrauensvollen Zusammenarbeit – bevor die Beziehung zwischen Gurlitt und Pechstein ab 1921 in einen ernsten Konflikt um die Exklusivrechte des Händlers an den Werken des Künstlers mündete – fiel auch der Auftrag Gurlitts an Pechstein, die beiden Mosaiken für seine Privaträume zu entwerfen.

Der Karton zum Mosaik „Vertreibung aus dem Paradies“ verblieb bis nach dem Zweiten Weltkrieg im Besitz des Künstlers. Den Inventarvermerken zufolge wurde er 1951 von seinem Sohn Konrad Max Pechstein für die Galerie des 20. Jahrhunderts erworben.Q1 Q5 Julia Pechstein, die Enkelin Max Pechsteins, hält einen Ankauf vom Künstler selbst jedoch für wesentlich wahrscheinlicher, da Konrad Max damals erst 25 Jahre alt war und als Student in der Berliner Wohnung des Vaters lebte, vielleicht also nur eine Vermittlerrolle einnahm (freundliche Auskunft von Julia Pechstein, 16.1.2012).

1956 wurde der Karton restauriert, in drei gleiche Teile zerlegt und auf Sperrholzplatten aufgezogen.

Recherche: HS | Text: HS/CT

unbezeichnet

Q1 Inventarverzeichnis für Kunstwerke Berlins in der Nationalgalerie B 3000/306 [Inventar der Galerie des 20. Jahrhunderts (West)], 2 Bde., 1949–1982, Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten, Berlin [nachinventarisiert]

Q2 Liste der Kunstwerke, die am 6.6.1968 aus dem Depot der Galerie des 20. Jahrhunderts an die Stiftung Preußischer Kulturbesitz übergeben wurden, o. D., Staatliche Museen zu Berlin, Neue Nationalgalerie, Bl. 1 (Depot E)

Q3 Liste Platten – Kasten III, Galerie M–R, Staatliche Museen zu Berlin, Neue Nationalgalerie, Ordner B: Vereinigte Kunstsammlungen

Q4 Liste der von der Galerie des 20. Jahrhunderts übernommenen und dort befindlichen Werke aus HUA B 3000/303 (Werke lebender Künstler), 1.4.1959, Archiv Berlinische Galerie, DE BG Gal 04-0300-00-001

Q5 Hauptverzeichnis für Kunstwerke B 3000/303, Senator für Volksbildung, Berlin, Referat Bildende Kunst [Inventar 1949–1958], Archiv Berlinische Galerie, DE BG Gal 04-0300-00-001, 51/15, lfd. Nr. 338

Q6 Karteikarte Senat, Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten, Berlin

Q7 Erklärung Max Pechstein und Wolfgang Gurlitt, 16.3.1923; Abkommen zwischen Max Pechstein und Wolfgang Gurlitt, 7.3.1923, Akten Schriftverkehr und Ausstellungen 1925, Archiv der Städtischen Kunstsammlungen Zwickau

L1 Die Galerie des 20. Jahrhunderts. Katalog, hrsg. vom Senator für Volksbildung, Berlin 1953, Nr. 60

L2 Die Galerie des 20. Jahrhunderts. Katalog, hrsg. vom Senator für Volksbildung, Berlin 1958, Nr. 146

L3 Die Galerie des 20. Jahrhunderts. Katalog, hrsg. vom Senator für Volksbildung, Berlin 1960, Nr. 159

L4 Die Galerie des 20. Jahrhunderts. Katalog, hrsg. vom Senator für Volksbildung, Berlin 1963, Nr. 186

L5 Verzeichnis der Vereinigten Kunstsammlungen: Nationalgalerie (Preußischer Kulturbesitz) und Galerie des 20. Jahrhunderts (Land Berlin), hrsg. von den Staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz, Berlin 1968, S. 168

L6 Max Osborn, Max Pechstein, Berlin 1922, S. 178 ff.

L7 Aya Soika, Max Pechstein. Das Werkverzeichnis der Ölgemälde, Bd. 1: 1905–1918, München 2011