Die Galerie des 20. Jahrhunderts in West-Berlin
Ein Provenienzforschungsprojekt


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Fernand Léger (1881–1955)
Komposition, 1920

Öl auf Pappe
38,5 x 31,5 cm

Standort
Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin

1958 erworben durch das Land Berlin
Ankaufspreis: 40.000 DM

Weitere Werkdaten

Abweichende Titel
Composition

Bezeichnung Vorderseite / Sichtfläche
unten rechts: F.LEGER / 20

Inventarnummern
Staatliche Museen zu Berlin: B 358
Inventar Land Berlin: 358
Weitere Nummern: 29/25

Werkverzeichnis-Nummer
Bauquier WV 235

Foto: © VG Bild-Kunst, Bonn 2016
Provenienz
1920 bis maximal 1954 Maurice Raynal, Paris Q5 Q8 (Rückseite)
wohl 1954 bis 1956 Juliette Cramer, Paris, aus dem Besitz von Maurice Raynal
1956 bis 1958 Kunsthandlung Walter Feilchenfeldt, Zürich, vermittelt von Juliette Cramer, Paris Q6 Q8 Q5 (Aufkleber)
1958 bis 1968 Galerie des 20. Jahrhunderts, Berlin, erworben von Marianne Feilchenfeldt Q1 Q5
seit 1968 als Dauerleihgabe des Landes Berlin in der Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz
„A l’Ami Raynal très amicalement F Leger“ steht als Widmung auf der Rückseite der Malpappe dieses kleinen Gemäldes von Fernand Léger. Bei dem „Freund Raynal“ handelt es sich um den vor allem durch seine „Anthologie de la peinture contemporaine“ (Paris 1927) bekannt gewordenen französischen Kunstkritiker Maurice Raynal (1884–1954). Raynal wohnte im Pariser Viertel Montmartre, kannte Léger, Juan Gris, Pablo Picasso, Marc Chagall und andere und zählte zu den wichtigsten Wegbereitern des Kubismus. 1921 veröffentlichte er die erste Monografie zu Picasso. Zu Léger hatte er erstmals 1921 in „L’Ésprit Nouveau“ (Nr. 4, Januar 1921, S. 426 ff.) publiziert, 1922 folgte ein Buch über den Künstler, ediert von der Galerie de L’Effort Moderne in Paris. Raynal wurde mehrfach von modernen Künstlern porträtiert und besaß eine Kunstsammlung, in der sich vor allem Werke jener Künstler wiederfanden, die er persönlich kannte. „Komposition“ von Léger, der Widmung nach wohl ein Geschenk des Künstlers, blieb bis zu Raynals Tod in dessen Sammlung.

Nach dem Ankauf 1958 ließ sich Adolf Jannasch bestätigen, dass der Zwischenbesitzer Walter Feilchenfeldt in Zürich war. Er schrieb an das Kunsthaus Zürich: „Vor kurzem erwarb die Galerie des 20. Jahrhunderts ein Gemälde auf Pappe von Fernand Léger ‚Komposition‘ aus dem Jahre 1920. Das Bild muss einmal im Züricher Kunsthaus ausgestellt gewesen sein und zwar aus dem Besitz von Dr. Feilchenfeldt.“Q6 Heute kann diese Provenienzstation anhand des Archivs der Kunsthandlung Walter Feilchenfeldt belegt werden, das den Erwerb durch die im Auftrag der Erben Raynal eingesetzte Kunstagentin Juliette Cramer in Paris im Jahr 1956 belegt.Q8 Allerdings war es wohl nicht Walter, der bereits 1953 verstorben war, sondern seine Witwe Marianne Feilchenfeldt, die das Bild von Kramer für die Galerie erwarb.

Die 1948 in Zürich gegründete Kunsthandlung Walter Feilchenfeldt behielt diesen Namen auch nach 1953, als Marianne Feilchenfeldt-Breslauer die Leitung übernahm, und nach 1966, als ihr Sohn Walter Feilchenfeldt jun. sie weiterführte. Der Kunsthändler Walter Feilchenfeldt sen. stammte ursprünglich aus Berlin und hatte dort bei Paul Cassirer gearbeitet. 1933 konnte er bei seiner Emigration nach Amsterdam zahlreiche Bilder der Berliner Kunsthandlung Cassirer, die er seit 1926 leitete, ins Ausland retten. 1936 heiratete er die Fotografin Marianne Breslauer (1909–2001), mit der er 1940 in die Schweiz übersiedelte. Die beiden leisteten Fluchthilfe für deutsche Künstler und Schriftsteller und bewahrten Werke verfolgter Künstler auf.

Recherche: CT | Text: CT

Bildpappe oben links, handschriftlich: A l’Ami Raynal très amicalement F Leger
Außenrahmen oben links, Etikett, darauf handschriftlich: Feilchenfeldt No 2
Außenrahmen oben rechts: Aufkleber der Galerie des 20. Jahrhunderts
Keilrahmen oben links: Ausstellungsaufkleber Stadt Mechelen 1979, mit Zollstempel
Bildrückseite (Pappe) oben rechts: Ausstellungsaufkleber Kunsthaus Zürich mit Nummer 32, Besitzerangabe: Dr. M. [sic] Feilchenfeldt Zürich [und Zollstempel:] II 66 [Ausst. Zürich 1957]
Außenrahmen unten Mitte, kopfstehend, Aufkleber der Kunstzollagentur Arthur Lenars & Cie, 22 bis Rue de Paradis, Paris X, mit Nr., handschriftlich: W. F. / 11 Zürich [W. F. für Walter Feilchenfeldt?]

Rückseite Aufkleber
Foto: Zentralarchiv, Staatliche Museen zu Berlin
Rückseite Signatur
Foto: Zentralarchiv, Staatliche Museen zu Berlin

Q1 Inventarverzeichnis für Kunstwerke Berlins in der Nationalgalerie B 3000/306 [Inventar der Galerie des 20. Jahrhunderts (West)], 2 Bde., 1949–1982, Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten, Berlin, Eintrag vom 9.10.1958

Q2 Protokoll der Übergabe der Bestände der Galerie des 20. Jahrhunderts an die Stiftung Preußischer Kulturbesitz [Gemälde und Skulpturen aus den Verwaltungs- und Ausstellungsräumen der Galerie], 5.6.1968, Staatliche Museen zu Berlin, Neue Nationalgalerie, S. 3

Q3 Protokoll der Ankaufskommission, 6.11.1959, Staatliche Museen zu Berlin, Zentralarchiv, II/VA 6754, Bl. 97

Q4 Liste Stiftungen Deutsche Klassenlotterie, o. D., Staatliche Museen zu Berlin, Neue Nationalgalerie, Ordner B: Vereinigte Kunstsammlungen

Q5 Korrespondenz zwischen Walter Feilchenfeldt und Adolf Jannasch, Fracht-, Versicherungs- und Zollpapiere, Rechnung, 1958, Archiv Berlinische Galerie, DE BG Gal 04-0700-19-000

Q6 Brief Adolf Jannasch an das Kunsthaus Zürich, 10.9.1959, Archiv Berlinische Galerie, DE BG Gal 03-0200-05-036.3

Q7 Protokoll der Ankaufskommission, 9.10.1958, Landesarchiv Berlin, B Rep. 002-11248 und B Rep. 014-1893

Q8 Archiv der Kunsthandlung Walter Feilchenfeldt, Zürich, freundliche Auskunft von Walter Feilchenfeldt jun., 9.8.2011

L1 Die Galerie des 20. Jahrhunderts. Katalog, hrsg. vom Senator für Volksbildung, Berlin 1960, Nr. 122

L2 Die Galerie des 20. Jahrhunderts. Katalog, hrsg. vom Senator für Volksbildung, Berlin 1963, Nr. 144

L3 Verzeichnis der Vereinigten Kunstsammlungen: Nationalgalerie (Preußischer Kulturbesitz) und Galerie des 20. Jahrhunderts (Land Berlin), hrsg. von den Staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz, Berlin 1968, S. 126

L4 Georges Bauquier, Fernand Léger. L’Œuvre peint, Bd. 1: 1920–24, Paris 1992, Nr. 235

L5 Fernand Léger, Ausst.-Kat. Kunsthaus Zürich 1957, Nr. 32