Die Galerie des 20. Jahrhunderts in West-Berlin
Ein Provenienzforschungsprojekt


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Willy Jaeckel (1888–1944)
Selbstbildnis, 1924

Öl auf Leinwand auf Hartfaserplatte
67 x 55 cm

Standort
Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin

1956 erworben durch das Land Berlin
Ankaufspreis: 400 DM

Weitere Werkdaten

Bezeichnung Vorderseite / Sichtfläche
unten Mitte links: W. Jaeckel 24

Inventarnummern
Staatliche Museen zu Berlin: B 78/1
Inventar Land Berlin: 946
Hauptverzeichnis Senat: 78/1

Werkverzeichnis-Nummer
Klein WV 182

Foto: Anders, Jörg P. / CC BY-NC-SA
Provenienz
1927 Ausstellung der Akademie Dresden in der Staatlichen Gemäldegalerie Dresden L7
1946 Privatbesitz L5
bis 1956 Franz Roßdorf, München Q4 Q5 Q9
1956 bis 1968 Galerie des 20. Jahrhunderts, Berlin, erworben von Franz Roßdorf
seit 1968 als Dauerleihgabe des Landes Berlin in der Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz
1956 erwarb Adolf Jannasch Willy Jaeckels Selbstbildnis für 400 DM von Franz Roßdorf aus München.Q4 Q6 Q9 Franz Paul Roßdorf (1900–1979, evangelisch) war seit 1922 als Heilpraktiker tätig und seit 1933 als Mitglied der Deutschen Heilpraktikerschaft registriert.Q8 Mit diesem Beruf ist er in den Berliner Adressbüchern von 1935 bis 1950 in der Tempelherrenstraße in Kreuzberg verzeichnet. Vor 1952 zog er um in die Knesebeckstraße in Charlottenburg und schließlich 1955, zusammen mit seiner Ehefrau Elisabeth, geborene Wünschke, nach München in die Georgenstraße 42.Q10 Von dieser Anschrift aus korrespondierte er im Jahr darauf mit Jannasch, um die Details des Bildverkaufs zu klären.Q1 Im November 1956 schrieb er ihm: „Herr Restaurator Schultz teilte mir noch mit, dass er Ihnen von meiner – sehr unterschiedlichen – Sammlung erzählt habe, dass Sie sich für sie interessieren und die Absicht haben, mich bei einem Ihrer Besuche in München aufzusuchen.“Q5 Im selben Schreiben versicherte Roßdorf: „Zum Schluss möchte ich Ihnen noch erklären, dass das Selbstbildnis von W. Jaeckel mein rechtmässiges Eigentum ist und ich es vom Vorbesitzer ordnungsgemäß erworben habe.“

Um wen es sich bei diesem Vorbesitzer handelt, erwähnt Roßdorf ebenso wenig wie den Zeitpunkt seines Erwerbs. Möglicherweise handelte es sich um jenen namentlich nicht genannten Privatbesitzer, der 1946 die Ausstellung „Willy Jaeckel. Oskar Moll“ im Berliner Haus am Waldsee mit der Leihgabe des Selbstbildnisses unterstützte, das im Katalog als unverkäuflich ausgezeichnet ist.L5 Womöglich aber war Roßdorf selbst zu diesem Zeitpunkt schon der verleihende Eigentümer des Bildes.

1927 war das Selbstbildnis in der Ausstellung „Werke Deutscher Künstler“ zu sehen, die die Dresdner Akademie in der Staatlichen Gemäldegalerie im Semperbau ausrichtete. Auch hier ist es im Katalog als unverkäuflich bezeichnet, der Eigentümer bleibt desgleichen ungenannt.L7 Ausstellungsakten, die in der Regel Korrespondenz mit Leihgebern enthalten, haben sich weder im Archiv der Kunstsammlungen Dresden noch im Hauptstaatsarchiv Dresden enthalten (freundliche Mitteilungen von Birgit Dalbajewa, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, 8.2.2013, und Vera Wobad, Forschungsarchiv der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, 5.3.2013).

Rückseitig gibt das Gemälde mit einem Prager Zollstempel einen Hinweis darauf, dass es zu unbekannter Zeit die deutsch-tschechische Grenze passierte, doch ist der Stempel weder genau identifizierbar noch datierbar (freundliche Mitteilung von Juergen Hegemann, Zollmuseum Hamburg, 30.1.2013). Eine Einzelausstellung Jaeckels in Tschechien hat nie stattgefunden, generell sind keine Verbindungen des Künstlers dorthin bekannt (freundliche Mitteilung von Dagmar Elsässer-Klein, 31.1.2013). Denkbar ist also, dass das Selbstporträt sich entweder zeitweilig in unbekanntem tschechischen Privatbesitz befand oder aber als Beitrag zu einer kleineren Kollektivausstellung nach Prag entliehen wurde.

Recherche: HS | Text: HS

Außenrahmen oben Mitte, Bleistift: WM u [unleserlich] 836
Keilrahmen rechts Mitte oben, Stempel: Keltz & Meiners / Berlin W. / Leipziger Strasse 86 [Künstlerbedarf]
Keilrahmen rechts Mitte unten: Zollstempel Prag
Keilrahmen rechts Mitte unten: kleiner runder Zollstempel [unleserlich]
Keilrahmen rechts unten, eckiger Stempel: Zollamt [unleserlich] 9 [unleserlich]
Keilrahmen unten rechts, Kreide, blau: 17
Keilrahmen unten Mitte links: Aufkleber der Galerie des 20. Jahrhunderts
Keilrahmen links unten, Aufkleber mit Stempel Kunst- und Museumsverein Wuppertal und handschriftlichem Vermerk: Mag Re 67 / Kat. Nr. / 47
Keilrahmen links unten, Nummernaufkleber: 22
Keilrahmen links Mitte oben, Stempel: Keltz & Meiners / Berlin W. / Leipziger Strasse 86 [Künstlerbedarf]

Q1 Inventarverzeichnis für Kunstwerke Berlins in der Nationalgalerie B 3000/306 [Inventar der Galerie des 20. Jahrhunderts (West)], 2 Bde., 1949–1982, Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten, Berlin, erworben 1956 [nachinventarisiert 1970]

Q2 Protokoll der Übergabe der Bestände der Galerie des 20. Jahrhunderts an die Stiftung Preußischer Kulturbesitz [Gemälde und Skulpturen aus den Verwaltungs- und Ausstellungsräumen der Galerie], 5.6.1968, Staatliche Museen zu Berlin, Neue Nationalgalerie, S. 1

Q3 Nachtrag zur Übergabe der Bestände der Galerie des 20. Jahrhunderts an die Stiftung Preußischer Kulturbesitz [Gemälde und Skulpturen], 13.9.1968, Staatliche Museen zu Berlin, Neue Nationalgalerie

Q4 Protokoll der Ankaufskommission, 8.11.1956, Archiv Berlinische Galerie, DE BG Gal 04-0200-02-022.2 und -026.1; Landesarchiv Berlin, B Rep. 002-11248; Landesarchiv Berlin, B Rep. 014-1893

Q5 Brief Franz Roßdorf an Adolf Jannasch, 1.11.1956, Archiv Berlinische Galerie, DE BG Gal 04-0200-08-371

Q6 Ankaufsliste der Ankaufskommission, 8.11.1956, Archiv Berlinische Galerie, DE BG Gal 04-0200-10-422

Q7 Liste Senat – Galerie des 20. Jahrhunderts (Werke lebender Künstler), 1.4.1959, Archiv Berlinische Galerie, DE BG Gal 04-0300-00-001

Q8 Strafsache Franz Roßdorf, 1942, Landesarchiv Berlin, A Rep. 358-02, Nr. 41338

Q9 Hauptverzeichnis für Kunstwerke B 3000/303, Senator für Volksbildung, Berlin, Referat Bildende Kunst [Inventar 1949–1958], Archiv Berlinische Galerie, DE BG Gal 04-0300-00-001, 78/1, lfd. Nr. 735

Q10 Meldeunterlagen Franz Roßdorf, Stadtarchiv München, freundliche Mitteilung von Anton Löffelmeier, Stadtarchiv München, 21.3.2012

L1 Die Galerie des 20. Jahrhunderts. Katalog, hrsg. vom Senator für Volksbildung, Berlin 1958, Nr. 88

L2 Die Galerie des 20. Jahrhunderts. Katalog, hrsg. vom Senator für Volksbildung, Berlin 1960, Nr. 91

L3 Die Galerie des 20. Jahrhunderts. Katalog, hrsg. vom Senator für Volksbildung, Berlin 1963, Nr. 110

L4 Verzeichnis der Vereinigten Kunstsammlungen: Nationalgalerie (Preußischer Kulturbesitz) und Galerie des 20. Jahrhunderts (Land Berlin), hrsg. von den Staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz, Berlin 1968, S. 102

L5 Willy Jaeckel. Oskar Moll, Ausst.-Kat. Haus am Waldsee Berlin 1946, Nr. 13

L6 Dagmar Klein, Der Expressionist Willy Jaeckel (1888–1944). Gemälde – Biographie – Künstlerbriefe. Werkverzeichnis, Köln 1989, Nr. 182

L7 Werke Deutscher Künstler. Malerei. Plastik, Ausst.-Kat Akademie Dresden in der Staatlichen Gemäldegalerie Dresden 1927, Nr. 145