Die Galerie des 20. Jahrhunderts in West-Berlin
Ein Provenienzforschungsprojekt


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Erich Buchholz (1891–1972)
Farbige Formen, 1922

Öl auf Glas
48,5 x 41 cm

Standort
Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin

1953 erworben durch das Land Berlin
Ankaufspreis: 300 DM

Weitere Werkdaten

Bezeichnung Vorderseite / Sichtfläche
unbezeichnet

Inventarnummern
Staatliche Museen zu Berlin: B 60/4
Inventar Land Berlin: 1020
Hauptverzeichnis Senat: 60/40

Werkverzeichnis-Nummer
Ilk WV C6

Foto: März, Roman / © Nachlass Erich Buchholz, Berlin
Provenienz
ab 1922 Arthur Segal (Widmung)
bis 1953 im Besitz des Künstlers Q5
1953 bis 1968 Galerie des 20. Jahrhunderts, Berlin, erworben vom Künstler Q1 Q7
seit 1968 als Dauerleihgabe des Landes Berlin in der Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz
Dieses kleine, hinter Glas gemalte Bild wurde am 27. Juli 1953 direkt von Erich Buchholz erworben,Q3 finanziert aus dem Senatsetat für Ankäufe von Werken lebender Künstler. Eine Zahlungsanweisung vom August 1953 hält fest: „60/4 Erich Buchholz Hinterglasbild 300,- DM, zu zahlen an den Künstler, Ludwig-Kirchstr.“Q5 1925 hatte Buchholz den Wohnsitz seiner Familie und seinen Arbeitsort von Berlin nach Germendorf nördlich der Stadt verlegt, wo er und der größte Teil seiner Kunst die NS-Zeit überdauerten. 1950 war er nach Berlin zurückgekehrt und hatte eine Wohnung mit Atelier in der Ludwigkirchstraße bezogen. Das Gemälde „Farbige Formen“, das zu einer Reihe von fünf 1921 und 1922 entstandenen Hinterglasbildern gehört (C1 bis C6),L5 wurde zunächst mit der Nummer 60/4 in das Hauptverzeichnis der Kunstankäufe des Senats aufgenommen.Q7 1970 wurde es aus dem Hauptverzeichnis gestrichen und im Inventar der ehemaligen Galerie des 20. Jahrhunderts nachverzeichnet mit dem Vermerk: „Übertragung aus Vermögen – 0800 – Wiss/Kunst – dortige Inv. B 60/4“.Q1

Auf der Rückseite des Bildes findet sich unten eine Widmung: „Für Arthur Segal 22“. Die Künstler hatten einander im Januar 1921 kennengelernt und eine bis in die 1930er-Jahre anhaltende Freundschaft entwickelt. Buchholz ging regelmäßig zum Jour fixe des Künstlerkreises um Arthur Segal. Viele der hier Versammelten beteiligten sich an der Novembergruppe, in deren Vorstand Segal aktiv war (S. 16).L5 1922 stellte Buchholz seine nach konstruktivistischem Raumkonzept gestaltete Atelierwohnung am Herkulesufer 15 fertig, die fortan zum Treffpunkt für Künstler wurde, zu denen auch Segal zählte. Die Aspekte Glas, Farbe, Licht und geometrische Grundformen spielten in dem Konzept des Raumes eine wichtige Rolle.

Arthur Segal, der 1920 bis zu seiner Emigration 1933 eine Malschule in Berlin-Charlottenburg leitete, hatte früh ein künstlerisches Prinzip der Gleichwertigkeit von Formen entwickelt, das in einer Ablösung von Gegenständlichkeit und der prismatischen Zerlegung von Farben mündete. Er setzte sich außerdem mit dem Thema des Lichts in der Malerei auseinander. Buchholz’ Arbeit scheint explizit diesen Ideen Segals gewidmet zu sein, und womöglich war diese inhaltliche Nähe auch der Grund dafür, dass er genau dieses Bild Segal 1922 zum Geschenk machte. Es war die Schenkung ein Zeichen seines Dankes dafür, dass Segal ihn dem Göteborger Kunstsammler Hjalmar Gabrielson empfohlen hatte, dem er daraufhin einen Katalog seiner Sammlung gestaltete und zwei Werke verkaufte (freundliche Auskunft von Michael Ilk, 9.4.2015).

Ungeklärt sind die Umstände, unter denen Buchholz das Werk zurückerhielt, bevor er es 1953 an die Galerie des 20. Jahrhunderts verkaufte. Es lässt sich vermuten, dass Segal ihm die Arbeit im Zuge seiner Auswanderung nach Mallorca 1933 zurückgab, womöglich auch im Hinblick auf die schlechte Transportfähigkeit von Glasbildern. Dass das Reisen Werken aus Glas oft nicht gut bekommt, hatte sich 1923 bestätigt, als Buchholz' Bild „Grüner Bügel“, das Segal für den Ankauf durch Gabrielson in Göteborg ausgewählt hatte, beim Transport zerbrach.L5

Recherche: CT | Text: CT

auf Glasrückseite unten Mitte, Widmung: Für Artur Segal 22 E. Buchholz
auf Glasrückseite oben rechts und auf Rückseitenabdeckung oben links: Aufkleber Senator für Volksbildung Referat Bildende Kunst mit Inv.-Nr. 60/4

Rückseite

Q1 Inventarverzeichnis für Kunstwerke Berlins in der Nationalgalerie B 3000/306 [Inventar der Galerie des 20. Jahrhunderts (West)], 2 Bde., 1949–1982, Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten, Berlin, Eintrag 1970 [nachinventarisiert zu Ankauf 1953; mit Vermerk „G 27“]

Q2 Liste der Kunstwerke, die am 6.6.1968 aus dem Depot der Galerie des 20. Jahrhunderts an die Stiftung Preußischer Kulturbesitz übergeben wurden, o. D., Staatliche Museen zu Berlin, Neue Nationalgalerie, Bl. 3 (Depot L)

Q3 Liste der von der Galerie des 20. Jahrhunderts übernommenen und dort befindlichen Werke aus HUA B 3000/303 (Werke lebender Künstler), 1.4.1959, Archiv Berlinische Galerie, DE BG Gal 04-0300-00-001

Q4 Protokoll der Ankaufskommission, 27.7.1953, Landesarchiv Berlin, B Rep. 002-11248

Q5 Zahlungsanweisung vom 5.8.1953 Vbildg V/B2 an Vbildg IC (Senatsabteilung Volksbildung) [interne Korrespondenz], Landesarchiv Berlin, B Rep. 014-1360]

Q6 Vorschläge für die Ankaufskommission, 27.7.1953, Landesarchiv Berlin, B Rep. 014-1361

Q7 Hauptverzeichnis für Kunstwerke B 3000/303, Senator für Volksbildung, Berlin, Referat Bildende Kunst [Inventar 1949–1958], Archiv Berlinische Galerie, DE BG Gal 04-0300-00-001, 60/4, lfd. Nr. 449

Q8 Karteikarte Senat, Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten, Berlin

Q9 Brief Erich Buchholz an Leopold Reidemeister, 30.9.1959, Ausstellungsakten „Der Sturm: Herwarth Walden und die Europäische Avantgarde Berlin 1912–1932“, Schriftwechsel mit Leihgebern A–M, 1959–1962, Staatliche Museen zu Berlin, Zentralarchiv, II/VA 6805

L1 Die Galerie des 20. Jahrhunderts. Katalog, hrsg. vom Senator für Volksbildung, Berlin 1958, Nr. 20

L2 Die Galerie des 20. Jahrhunderts. Katalog, hrsg. vom Senator für Volksbildung, Berlin 1960, Nr. 20

L3 Die Galerie des 20. Jahrhunderts. Katalog, hrsg. vom Senator für Volksbildung, Berlin 1963, Nr. 27

L4 Verzeichnis der Vereinigten Kunstsammlungen: Nationalgalerie (Preußischer Kulturbesitz) und Galerie des 20. Jahrhunderts (Land Berlin), hrsg. von den Staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz, Berlin 1968, S. 45

L5 Michael Ilk, Erich Buchholz 1891–1972. Catalogue raisonné, Ludwigshafen [Selbstverlag] 2013, Nr. C 6