Die Galerie des 20. Jahrhunderts in West-Berlin
Ein Provenienzforschungsprojekt


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Christian Rohlfs (1849–1938)
Kind in Blüten, 1927

Öl auf Leinwand
100,5 x 60 cm

Standort
Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin

1949 erworben durch das Land Berlin
Ankaufspreis: 550 DM

Weitere Werkdaten

Abweichende Titel
Kind mit Blüten; Mädchen in Blumen; Mädchen mit Blume

Bezeichnung Vorderseite / Sichtfläche
unten rechts: CR 27.

Inventarnummern
Inventar Land Berlin: 32
Weitere Nummern: 6/30

Werkverzeichnis-Nummer
Vogt WV 712

Foto: Kilger, Andres / CC BY-NC-SA
Provenienz
1929 Galerie Ferdinand Möller, Berlin L1
wohl vor 1934 oder nach 1945, wahrscheinlich 1948/49 Galerie Dr. W. A. Luz, Berlin L2
spätestens ab Januar 1949 Kunsthandlung Hermann Sagert & Co., Berlin Q3 Q6 Q9 Q10
1949 bis 1968 Galerie des 20. Jahrhunderts, Berlin, erworben bei der Kunsthandlung Sagert Q1 Q3 Q9
seit 1968 als Dauerleihgabe des Landes Berlin in der Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz
Im Jahr 1929 bot Ferdinand Möller in seiner Berliner Galerie Christian Rohlfs’ Gemälde „Mädchen in Blüten“ für 5.000 RM zum Verkauf an.L1 Ob und wann ihm der Absatz glückte, ob er das Bild unverrichteter Dinge an den Künstler zurückschickte oder es auf Rohlfs’ Geheiß anderweitig auslieferte, entzieht sich der Überlieferung. Auch im Ferdinand-Möller-Archiv sind keine weiterführenden Unterlagen vorhanden (freundliche Mitteilung von Wolfgang Schöddert, Ferdinand-Möller-Archiv, Berlinische Galerie).

Paul Vogt, der sich als Neffe von Helene Rohlfs, der Witwe des Künstlers, der Erarbeitung eines 1978 publizierten Werkverzeichnisses der Gemälde von Christian Rohlfs widmete, war die Galerie Dr. W. A. Luz als Provenienzstation für „Kind in Blüten“ bekannt.L2 Worauf sich seine Kenntnis stützte, ist auch aus seinem Nachlass, den das Osthaus-Museum in Hagen verwahrt, nicht ersichtlich. Nur zwei Zeiträume sind wahrscheinlich, in denen das Bild in den Warenbestand dieser Berliner Galerie passen würde (freundliche Mitteilung von Ulrike Gärtner, 2011), denn die Vorliebe des Kunsthändlers Wilhelm August Luz galt sonst überwiegend der älteren Kunst: Bis 1934 besaß er noch ein verhaltenes, jedoch nicht sonderlich ausgeprägtes Interesse an der Kunst des 20. Jahrhunderts, das sich im Verfassen gelegentlicher Zeitungsartikel zu Themen der Moderne und im Verschicken vereinzelter Angebote an Museen äußerte. Zwischen 1935 und 1940 ist „Kind in Blüten“ nicht in den Verkaufskatalogen der Galerie Luz aufgeführt. Ein zweites Intermezzo gab Luz der klassischen Moderne zwischen Mitte 1945 und Anfang 1949, als er als dubioser Händler von „entarteter“ Kunst in Erscheinung trat.

Adolf Jannasch erwarb das Gemälde jedoch bei Hermann Sagert & Co., einer alteingesessenen Berliner Kunsthandlung, deren Geschäfte im Erwerbungsjahr 1949 Hans-Martin Husung und Walter Titze leiteten.L6 Spezialisiert war die Firma eigentlich von jeher auf den Handel mit hochwertigen Reproduktionen, doch kamen auch immer wieder originale Gemälde, Aquarelle und Druckgraphik zum Verkauf. Die Galerie-Überlieferung der Kunsthandlung Sagert, die 2005 vom Landesarchiv erworben und inzwischen erschlossen wurde,Q11 L6 enthält vorwiegend Unterlagen zur Unternehmensgeschichte und nur sehr punktuell Hinweise auf werkbezogene Geschäftsabwicklungen. So ist „Kind in Blüten“ auch hier nicht im Detail nachweisbar. Dass Jannasch aus den Angeboten der bei Sagert zum Verkauf stehenden Bilder, mit denen er regelmäßig versorgt wurde,Q13 eines für die Galerie des 20. Jahrhunderts auswählte, blieb eine einmalige Angelegenheit.

Recherche: HS | Text: HS

Außenrahmen unten rechts, Bleistift: 9
Außenrahmen unten rechts, kopfstehend: Mädchen in Blumen Chr. Rohlfs […]
Keilrahmen oben links, teils abgerissenes Etikett, lesbar: 7
diverse unleserliche Bezeichnungen und Etikettenspuren

Q1 Inventarverzeichnis für Kunstwerke Berlins in der Nationalgalerie B 3000/306 [Inventar der Galerie des 20. Jahrhunderts (West)], 2 Bde., 1949–1982, Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten, Berlin, Eintrag vom 8.7.1949

Q2 Liste Platten – Kasten III, Galerie M–R, Staatliche Museen zu Berlin, Neue Nationalgalerie, Ordner B: Vereinigte Kunstsammlungen

Q3 Ankaufsbestätigung [9.7.1949] und Rechnung [29.6.1949] Kunsthandlung Sagert, Landesarchiv Berlin, B Rep. 014-1445

Q4 Liste Platten – Kasten I, Galerie A–K, 25.7.1957, Archiv Berlinische Galerie, DE BG Gal 02-0204-02-040.1 bis -040.3, Nr. 65

Q5 Protokoll der Ankaufskommission, 9.7.1949, Landesarchiv Berlin, B Rep. 014-1446

Q6 Zahlungsanweisung an die Kunsthandlung Sagert, 12.9.1949, Landesarchiv Berlin, B Rep. 014-1446

Q7 Zahlungsanweisung (Dringlichkeitsliste) an die Kunsthandlung Sagert, 8.7.1949, Landesarchiv Berlin, B Rep. 014-1446

Q8 Protokoll der Ankaufskommission, 23.8.1950, Landesarchiv Berlin, B Rep. 014-1446

Q9 Nachweisaufstellung der Zahlungsempfänger 1949 bis 1951, 27.4.1951, Landesarchiv Berlin, B Rep. 014-1446

Q10 Angebot Kunsthandlung Sagert an Ferdinand Möller, 3.1.1949, Berlinische Galerie, Ferdinand-Möller-Archiv, BG-GFM-MF 5315, 250 und 249

Q11 Galerie-Überlieferung der Kunsthandlung Hermann Sagert & Co., Berlin, Landesarchiv Berlin, B Rep. 250-08, H. Sagert & Co. Kunsthandlung

Q12 Protokoll der Übergabe der Bestände der Galerie des 20. Jahrhunderts an die Stiftung Preußischer Kulturbesitz [Gemälde und Skulpturen aus den Verwaltungs- und Ausstellungsräumen der Galerie], 5.6.1968, Staatliche Museen zu Berlin, Neue Nationalgalerie, Bl. 5 (Bilder aus der Galerie des 20. Jahrhunderts, die sich bei Übergabe der Bestände in der Restaurierungswerkstatt der Nationalgalerie befanden)

Q13 Korrespondenz der Kunsthandlung Sagert mit dem Senat und Adolf Jannasch, Landesarchiv Berlin, B Rep. 014, Nr. 1628

L1 Christian Rohlfs. Blätter der Galerie Ferdinand Möller, H. 2, Berlin 1929, Nr. 11

L2 Paul Vogt, Christian Rohlfs. Œuvre-Katalog der Gemälde, Recklinghausen 1978, Nr. 712

L3 100 Jahre Kunsthandlung Sagert, in: Weltkunst, Jg. 35, Nr. 20, Oktober 1965, S. 877

L4 Heinz Schewe, Vom Kindertraum zum Kunsthandel, in: Berliner Morgenpost, 21.11.1976, S. 7

L5 Dr. Bresche, Praktischer Soziologe der Kunst, in: Der Kurier, 23.4.1956

L6 Hanna Strzoda, „Ein Spezialgeschäft in des Wortes bester Bedeutung“. Die Berliner Kunsthandlung H. Sagert & Co., in: Werner Breunig und Uwe Schaper (Hrsg.), Berlin in Geschichte und Gegenwart. Jahrbuch des Landesarchivs Berlin, Berlin 2014, S. 227–245