Die Galerie des 20. Jahrhunderts in West-Berlin
Ein Provenienzforschungsprojekt


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Jacoba Heemskerck van Beest (1876–1923)
Landschaft, 1916

Holzschnitt auf Japanpapier
Darstellung 20 x 27,6 cm; Blattmaß 38,0 x 50,8 cm; Bildmaß 20,00 x 27,60 cm

Standort
Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin

1955 erworben durch das Land Berlin
Inventarwert: 8 DM

Weitere Werkdaten

Bezeichnung Vorderseite / Sichtfläche
unten links: Jacoba van Heemskerck

Inventarnummern
Staatliche Museen zu Berlin: 17/32
Inventar Land Berlin: 17/32
Weitere Nummern: 99; 17/32

Werkverzeichnis-Nummer
Dube WV R 129

Foto: Atelier Schneider / CC BY-NC-SA
Provenienz
bis 1955 William Wauer, Berlin Q1
1955 bis 1968 Galerie des 20. Jahrhunderts, Berlin, Schenkung von William Wauer Q1
seit 1968 als Dauerleihgabe des Landes Berlin im Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz
Die holländische Künstlerin Jacoba van Heemskerck van Beest (Den Haag 1876–1923 Domburg) gehörte als enge Freundin von Herwarth Walden zum Umfeld der Berliner Galerie Der Sturm. Nachdem sie 1913 an dessen Erstem Deutschen Herbstsalon teilgenommen hatte, widmete Walden ihr 1914 bis 1920 jedes Jahr eine Einzelausstellung. Rund 250 im Sturm-Archiv in der Staatsbibliothek zu Berlin erhaltene Briefe und Postkarten, die van Heemskerck in den Jahren 1914 bis 1922 an Walden schickte, zeugen von der engen Verbindung der beiden. Als van Heemskerck 1923 starb, richtete der Galerist eine Gedächtnis-Ausstellung für sie aus. Die beste Freundin und Mäzenatin der Künstlerin war die Sammlerin und Publizistin Marie Tak van Poortvliet, die 1983 ihre umfangreiche Heemskerck-Sammlung dem Gemeentemuseum in Den Haag schenkte.Q4

William Wauer, aus dessen Besitz die „Landschaft“ van Heemskercks 1955 als Schenkung in die Galerie des 20. Jahrhunderts gelangte, gehörte ebenfalls zum engsten Sturm-Kreis. 1866 im Erzgebirge geboren, lebte der vielseitige Künstler – der auch als Feuilletonist, Herausgeber der Zeitschrift „Quickborn“, Illustrator und Regisseur (u. a. am Deutschen Theater bei Max Reinhardt) arbeitete – seit 1903 in Berlin. Hier war er ab 1912 mit der Künstlergruppe um den Sturm verbunden, zu dessen „Propagandist“ er durch seine Mitarbeit an Sturm-Zeitschriften, Sturm-Büchern sowie der Sturm-Kunstschule avancierte. 1916 schuf er ein berühmtes Porträt von Herwarth Walden in Bronze (Nationalgalerie 24/36), 1927 ein Marmorbildnis von Nell Walden (Nationalgalerie B I 491). In den Jahren 1933 bis 1945 war ihm, unter ständiger Kontrolle durch die Gestapo, die Ausübung künstlerischer Tätigkeit verboten.Q5

Sehr wahrscheinlich kannten van Heemskerck und Wauer sich aus dem Sturm-Umfeld. Es ist anzunehmen, dass Wauer den Holzschnitt „Landschaft“ direkt von der Künstlerin erwarb oder von ihr geschenkt bekam oder über Walden, der wiederum als Galerist direkt von van Heemskerck beliefert wurde, in Besitz des Blattes gelangte. Mit Adolf Jannasch war Wauer spätestens seit 1950 bekannt, als der Kunstamtsleiter einen Ankauf von Wauers Skulptur „Schlittschuhläufer“ (Inv.-Nr. 15/10) mit Mitteln des Landes Berlins ermöglichte, um den auch in der Nachkriegszeit noch Not leidenden Künstler finanziell zu unterstützen. Die Schenkung des Blattes an die Galerie mag auch ein Ausdruck von Wauers Dankbarkeit Jannasch gegenüber gewesen sein. 1956 erwarb Jannasch ein weiteres Werk des Künstlers („Rote Woge bäumt auf“, Inv.-Nr. 74/7).

Recherche: HS | Text: CT

unbezeichnet

Q1 Inventarverzeichnis für Kunstwerke Berlins in der Nationalgalerie B 3000/306 [Inventar der Galerie des 20. Jahrhunderts (West)], 2 Bde., 1949–1982, Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten, Berlin, Eintrag vom 1.1.1955

Q2 Übergabelisten Kästen Graphik an das Kupferstichkabinett, 1968, Kasten B 2, S. 4, 17/32, Archiv Berlinische Galerie, DE BG Gal 11-0201-00-001 ff.

Q3 Übergabelisten Kästen Graphik an das Kupferstichkabinett, 1968, Kasten B 2, Archiv Berlinische Galerie, DE BG Gal 11-0201-00-064

Q4 Hanne Weskott, Dem Vergessen entrissen. Werke von Jacoba van Heemskerck in der Städtischen Galerie Erlangen, in: Süddeutsche Zeitung, 18.2.1984

Q5 F. R., Viele haben von ihm gelernt. Zum 100. Geburtstag William Wauers, in: Zeitungsartikel ohne Quellenangabe, 26.10.1966, Staatliche Museen zu Berlin, Zentralarchiv, V/Sammlung Künstler: Wauer, William

Q6 Karteikarte Senat, Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten, Berlin

L1 Arend H. Huussen und Jacqueline Paaschen, Jacoba van Heemskerck van Beest 1876–1923. Schilderes uit roeping, Zwolle 2005, Nr. 311