Die Galerie des 20. Jahrhunderts in West-Berlin
Ein Provenienzforschungsprojekt


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Hans Meid (1883–1957)
Sommer, 1921

Lithographie in Rötelmanier auf Papier
Blattmaß 39,0 x 29,7 cm; Darstellung 31,4 x 23,6 cm

Standort
Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin

1958 erworben durch das Land Berlin

Weitere Werkdaten

Abweichende Titel
Zwei Paare beim Baden

Bezeichnung Vorderseite / Sichtfläche
unten rechts, Bleistift: Hans Meid

Inventarnummern
Staatliche Museen zu Berlin: 29/1
Inventar Land Berlin: 163
Hauptverzeichnis Senat: 22/7

Werkverzeichnis-Nummer
Jentsch WV 345a

Foto: Büttner, Wolfram / © Hans-Meid-Stiftung, 2016
Provenienz
bis 1958 Karl Morvilius, Berlin Q4
1958 bis 1968 Galerie des 20. Jahrhunderts, Berlin, Schenkung von Karl Morvilius Q1
seit 1968 als Dauerleihgabe des Landes Berlin im Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz
Der in Pforzheim geborene Künstler Hans Meid lebte von 1908 bis 1943 in Berlin, wo er seit 1919 als Lehrer für Graphik an der Hochschule für Bildende Künste (ab 1924: Vereinigte Staatsschulen für Freie und Angewandte Kunst) arbeitete. Zu seinem umfangreichen druckgraphischen Œuvre gehört die Lithographie „Sommer“ von 1921.

1958 erhielt die Galerie des 20. Jahrhunderts das Blatt als Schenkung von Karl Morvilius in Berlin. Die Quellen geben keine Auskunft darüber, wo Morvilius dieses und die drei anderen von ihm im selben Jahr zugeeigneten druckgraphischen Werke erwarb. Zu seiner Person brachten die Recherchen jedoch umfangreiche Ergebnisse.Q8 Q9 Q10 Karl Morvilius (1883–1960) war ein am Rhein geborener, seit spätestens 1933 in Berlin ansässiger Schauspieler, der vor allem in Filmen der NS-Zeit seine Rollen spielte. Er war kein NSDAP-Mitglied, gehörte aber seit 1929 der Reichsfachschaft Film und dem Fachverband der Reichsfilmkammer an. Er führte eine kinderlose Ehe mit der Kunstgewerblerin Gretchen Morvilius, geborene Gröting. Als Bühnenschauspieler hatte Morvilius nur zeitweise Engagements (1928–1931 Intimes Theater Nürnberg, 1935–1937 Theater in der Saarlandstraße Berlin, 1938 Deutsches Theater Berlin), dazwischen lagen lange Phasen ohne Verdienst. Während der NS-Zeit befand er sich permanent in Geldnöten und lebte von der Künstlerfürsorge „Spende Künstlerdank“. Da er sich regelmäßig gegen die Reichsfilmkammer auflehnte, der er mangelnde Bemühungen in seiner Sache unterstellte, wurde er mehrfach aktenkundig. Trotzdem sprach man ihm die Künstlerdank-Unterstützung mit folgender Erklärung zu: „[Morvilius] befindet sich in außerordentlich schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen, die dadurch besonders erschwert sind, daß er für seine kranke Frau zu sorgen und größere Schulden abzulösen hat.“Q10

Neben seiner schauspielerischen Arbeit scheint Morvilius auch als bildender Künstler tätig gewesen zu sein.Q9 1958 schrieb Adolf Jannasch an die Berliner Kunstbibliothek: „Wie ich Ihnen neulich schon berichten konnte, hat der Maler Karl Morvilius […] der Galerie des 20. Jahrhunderts einige graphische Blätter gestiftet, und da er auch einige japanische Holzschnitte einem Berliner Museum ebenso stiften wollte, habe ich die Kunstbibliothek Herrn Morvilius vorgeschlagen. Herr Morvilius war so freundlich, mir neulich 4 Blätter – und zwar 3 Schauspielerportraits und das Halbfigurenbild einer Frau – für die Kunstbibliothek zu übergeben. Diesen 4 Blättern fügte er noch hinzu eine Radierung nach einer angeblich verschollenen Zeichnung von Lucas Cranach – eine Szene aus dem Leben des heiligen Julianus. Ich übergebe Ihnen hiermit diese Stiftung des Malers Morvilius.“Q7

Im Erwerbungsbuch der Kunstbibliothek verzeichnete Eckart Berckenhagen am 27. Juni 1958 fünf Blatt Graphik als Schenkung, vermittelt durch Dr. Adolf Jannasch (freundliche Mitteilung von Daniela Kratz, Staatliche Museen zu Berlin, Kunstbibliothek, 4.2.2013).Q6

Im Kupferstichkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin finden sich heute drei Werke Hans Meids aus dem Bestand der Galerie des 20. Jahrhunderts (West).

Recherche: HS | Text: CT

unten rechts: Aufkleber der Galerie des 20. Jahrhunderts

Q1 Inventarverzeichnis für Kunstwerke Berlins in der Nationalgalerie B 3000/306 [Inventar der Galerie des 20. Jahrhunderts (West)], 2 Bde., 1949–1982, Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten, Berlin, Eintrag vom 25.4.1958

Q2 Karteikarte Druckgraphik (West), Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett, 29/1

Q3 Briefwechsel zwischen Adolf Jannasch und Karl Morvilius, 28.5.1958–23.6.1958, Staatliche Museen zu Berlin, Zentralarchiv, II B/Galerie des 20. Jahrhunderts – Land Berlin 6, Bl. 76–81, bes. Bl. 82

Q4 Übersicht der Ankäufe der Galerie des 20. Jahrhunderts, Rechnungsjahr 1958/59, Archiv Berlinische Galerie, DE BG Gal 10-0302-05-394

Q5 Übergabeliste Kästen Graphik an die Nationalgalerie, 1968, Kasten B 9, Archiv Berlinische Galerie, DE BG Gal 11-0201-00-053

Q6 Erwerbungsbuch Kunstbibliothek, Staatliche Museen zu Berlin, 27.6.1958, Nr. 29 [Eintrag Eckart Berckenhagen]

Q7 Brief Adolf Jannasch an Günter Arnolds, Kunstbibliothek, 27.6.1958, Staatliche Museen zu Berlin, Zentralarchiv, II/VA 14127

Q8 Angebotsschreiben Karl Morvilius an die Reichsfilmkammer, 1940/41, Bundesarchiv Berlin, VBS 229, Nr. 2672000202 RK/Filmnachweis, Angebotsschreiben, Film-Nr. RK U 66

Q9 Entnazifizierungsakten Karl und Gretchen Morvilius, Bundesarchiv Berlin, VBS 243, Nr. 2703017349, E

Q10 Personalakte Karl Morvilius, Reichsfilmkammer, Bundesarchiv Berlin, VBS 159, Nr. 2600014117, RK/Fachschaft Film, Film-Nr. RK J74.

L1 Ralph Jentsch, Hans Meid. Das graphische Werk. Ein beschreibendes Verzeichnis der gesamten Druckgraphik von 1901 bis 1950, Esslingen 1978, Nr. 345 a